Bergtour im Wetterstein am 19.07.2014

Nach einer schlaflosen Nacht auf Deutschlands höchsten Berg zu steigen, scheint erst einmal keine besonders gute Idee zu sein. Aber irgendwann muss man ja doch mal da hoch, Boris und ich hatten uns diesen Tag schon vor längerem dafür reserviert, die Verhältnisse waren sehr gut und das Wetter fantastisch. Da konnten wir uns nicht von irgendwelchen Lappalien aufhalten lassen.

Freitag abend hatten wir in der Firma 25Jahr-Feier und danach hatte mich eine Party vor unserem Fenster so aus dem Schlafrhythmus gebracht, dass ich kein Auge mehr zu bekam, auch als endlich Ruhe eingekehrt war. Entsprechend war ich etwas fertig, als ich mich halb sieben mit Boris traf und wir nach Garmisch fuhren. Wir hatten uns fest vorgenommen, in diesem Jahr die Zugspitze durchs Höllental zu besteigen. Die Höllentalangerhütte wird gerade neu gebaut und wir hatten uns ausgerechnet, dass dies einige Zugspitz-Aspiranten abhalten und es entsprechend nicht so voll sein würde wie sonst.

Morgendlicher Blick auf Alpspitze und Waxensteinkamm

Morgendlicher Blick auf Alpspitze und Waxensteinkamm

Der Parkplatz kurz vor Hammersbach war schon voll, als wir ankamen; ich konnte mich noch in die allerletzte Lücke quetschen. Gut, direkt einsam würde es da oben nun auch nicht werden. So 50 – 100 andere Bergfreunde würden schon unterwegs sein. Immerhin kein Vergleich zum Andrang letzten August. Pünktlich um acht starteten dann auch wir unseren Besteigungsversuch.

Immer wieder schön - die Höllentalklamm

Immer wieder schön – die Höllentalklamm

Auf dem Weg zur Höllentaleingangshütte merkte ich dann schon, dass ich heute tempomäßig ein wenig eingeschränkt sein würde. Na ja, von hier aus waren es ja nur noch 2000 Hm. Nach der schönen Klamm passierten wir die Baustelle der neuen Höllentalangerhütte. Mit schwerem Gerät wird dort ein Betonbau errichtet. „Hütte“ scheint als Bezeichnung nicht ganz angemessen…

Hier entsteht die neue Höllentalangerhütte

Hier entsteht die neue Höllentalangerhütte

Im Höllental war erstaunlich wenig los. Dann würde es wohl doch nicht so voll werden. So dachten wir, bis die ersten Klettersteigpassagen in den Blick kamen. Und diese voll von Leuten fanden. Auf dem Weg zum Einstieg passierten wir einige Gruppen, in denen einer dem anderen den richtigen Gebrauch eines Klettersteigsets erklärte, und andere, die etwas ratlos dieses Ding namens Klettergurt begutachteten. Erstaunlich, mit wie wenig Vorkenntnissen man sich eine solche Tour zutrauen kann.

Am Brett

Am Brett

Blick zurück übers Höllental

Blick zurück übers Höllental

Nach einer kurzen Pause (immerhin ein Drittel des Höhenunterschieds hatten wir geschafft) legten dann auch wir Hand ans Drahtseil, überquerten das berühmte Brett und gingen gleich weiter zum Gletscher. Bei der Hitze war der Aufstieg anstrengend und ich merkte im Gehgelände, dass meine Muskulatur etwas schwächelte. Vielleicht war es doch ein Bier zu viel gewesen gestern. Noch 1100 Hm. Vor uns sahen wir die Ameisenstraße auf dem Gletscher und in den Felsen der Riffelwand. Hunderte waren da oben unterwegs – so etwas hatten wir noch nie gesehen.

Zugspitzgipfel voraus - die Hälfte haben wir geschafft

Zugspitzgipfel voraus – die Hälfte haben wir geschafft

Ameisenstraße auf dem Höllentalferner

Ameisenstraße auf dem Höllentalferner

Am Höllentalferner angekommen wiederholte sich das Ausrüstungsquiz von unten mit den Steigeisen. Warum man das Anlegen der Eisen nicht wenigstens vorher mal zu Hause ausprobiert, verstehe ich nicht. Wir machten hier eine kleine Mittagspause, dann machten wir uns startklar. Allerdings brauchte auch ich dann etwas länger, weil ich Krämpfe in den Adduktoren hatte. Offenbar hatte ich zu wenig getrunken. Nach etwas dehnen und ausschütteln ging es wieder, aber optimal war das natürlich nicht 650 Hm unter dem Gipfel. Immerhin konnte ich so einem Bergfreund mit etwas Wasser aushelfen, der seine drei Liter schon komplett ausgetrunken hatte und dem ich nicht zumuten wollte, nur Schmelzwasser zu trinken.

Der Gletscher war anschließend problemlos – und wäre trotz einer kurzen aperen Passage wohl auch ohne Steigeisen gegangen, so ausgelatscht war die Spur. An den Felsen hatte sich vor dem rechten Einstieg (C/D) eine Schlange gebildet, während der einfachere linke Einstieg (B/C) deutlich weniger benutzt wurde. Uns sollte es recht sein. Während wir dort nach minimaler Wartezeit wieder auf Stahlseilbetrieb umstellten, spielten sich im anderen Einstieg kleine Dramen ab, als zwei eher ahnungslose Männer ihre offensichtlich überforderten Frauen zum Weitergehen antrieben.

Der einfache Übergang, derzeit sogar mit zahmer Randkluft

Der einfache Übergang, derzeit sogar mit zahmer Randkluft

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Und der weniger einfacher Übergang; hier gibt sich die Randkluft schon etwas grimmiger.

Der folgende Klettersteig ist landschaftlich schon grandios, die Aussicht über Höllental und Waxensteinkamm, auf Alpsitze und über die Voralpen, später auch auf Eibsee und Ammergebirge großartig. Die Wartezeiten am Steig waren weniger schlimm als erwartet. Insgesamt bewegte sich der Bergsteiger-Lindwurm doch recht gleichmäßig vorwärts, während unter uns wahrscheinlich noch einmal 100 Weitere zum Gletscher, auf dem Gletscher oder im Einstiegsbereich unterwegs waren. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass so viel los ist.

Boris bestaunt die nachfolgenden Bergsteiger

Boris bestaunt die nachfolgenden Bergsteiger

Eibsee und Ammergebirge

Eibsee und Ammergebirge

Waxensteinkamm und Höllental, dahinter das Estergebirge

Waxensteinkamm und Höllental, dahinter das Estergebirge

Zehn vor drei erreichten wir dann den eigentlich sehr schönen, kleinen Gipfel, der durch die Betonplattform gegenüber natürlich schon arg in Mitleidenschaft gezogen wird. So mussten wir auch noch kurz warten, weil eine polnische Junggesellenabschiedsgemeinschaft den Steig blockierte, dann konnten wir uns endlich an Deutschlands höchstem Punkte die Hände reichen. Die Aussicht ist toll hier oben – vom Starnberger See bis zur Wildspitze, das Ambiente aber doch etwas gewöhnungsbedürftig. Schon auf dem Weg zur Plattform äußerte Boris Zweifel, ob er noch einmal her kommen würde. Auch ich denke eher, dass einmal reicht (für den Jubiläumsgrat haben wir aber doch eine Ausnahme gemacht). Immerhin – es gibt Currywurst  in Deutschlands höchstgelegenem Imbiss.

Boris vor Eibsee

Boris vor Eibsee

Die letzten Meter zum Gipfel

Die letzten Meter zum Gipfel

Der Wetterstein

Der Wetterstein

Während drüben am Gipfel gerade eine Fußballmannschaft für ein Foto posierte, machten wir uns bereit für den Aufbruch. Da wir auf den Rückweg durchs Höllental aufgrund von Länge, Hitze und Gegenverkehr keine Lust hatten und die Busverbindung vom Ausgangspunkt des Stopselziehers zurück nach Hammersbach unklar war, wählten wir letztlich die Zahnradbahn als Abstiegsoption. Ein passender Abschluss für eine teilweise schöne, teilweise skurrile und teilweise abschreckende Bergtour.

Gedränge am Gipfel

Gedränge am Gipfel

Fakten zur Tour

  • Zugspitze (2962m), durchs Höllental
  • Schwierigkeit T5, I, B-C
  • 2200 Hm

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

1 Kommentar

Daniel · 28. Juli 2014 um 5:18 pm

Servus,

… ja was tut man sich nicht alles an ! An schönen Wochenenden ist da wohl die Hölle los ( unter der Woche wär’s wohl a bisserl ruhiger ? ). Trotzdem Respekt – und das ohne Schlaf !
Gruß Daniel

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