Bergtour im Ammergebirge am 01.05.2014
Das klassische Bergsteigen hat viele Spielarten, unter anderem die heutzutage nicht mehr allzu sehr in Mode befindliche Schrofenschinderei sowie die noch weniger beliebte Waldwühlerei. Beides konnten wir am Tag der Arbeit in nicht allzu verschärfter, dafür aber ziemlich anhaltender Variante ausleben. Objekt der Bergarbeit war der Sonnenberggrat oberhalb von Oberammergau, den ich eine Woche zuvor bereits in Augenschein genommen hatte; nun hatten Boris und ich die durchgängige Überschreitung im Sinn.
Wir starteten viertel nach neun am Parkplatz und gingen in Richtung Kofel. Im Gegensatz zum letzten Mal erklommen wir den Kofelsattel dieses Mal über die Nordseite, die von einem erstaunlich bequemen Pfad durchzogen wird. Auf den Gipfel verzichteten wir allerdings – ich war ja erst vor einer Woche dort gewesen und auch Boris hatte den Kofel schon früher erklommen.
Stattdessen wanderten wir auf einem weiteren unmarkierten Weg richtung Südwesten, dem Vorderen Rappenkopf entgegen. Den Weg verließen wir bald wir und erstiegen über die Südostseite unseren ersten Gipfel (1408m). Die Schlüsselstelle bildete ein kurzer Wald-Einser, der dank des nassen Bodens tatsächlich etwas Vorsicht erforderte.
Vom Vorderen Rappenkopf ging es dann leicht weiter durch den Wald zum Hinteren Rappenkopf (1404m), der nach Norden hin erstaunlich steil und schroff abfällt. Auch der Weiterweg zum Brunnberg (1529m) war weitgehend unschwierig. Die einzige IIer-Stelle begrüßte mich dafür gleich mit einem Griffausbruch. Das war nicht nett, hielt uns aber auch nicht länger auf. Kurz darauf konnten wir dann bereits zum dritten Mal ein Stück Gipfelschokolade genießen.
Mittlerweile zeigten die Wolken erste Anzeichen der Auflockerung und die Sonne blitze hin und wieder hindurch. Am Kamm war es zudem deutlich weniger feucht als zuvor im Anstieg, was für die bevorstehenden Kraxelstellen natürlich von Vorteil war und unsere Stimmung steigen ließ. Bei dieser Überschreitung gibt es oft deutlich Steigspuren, aber man muss auch immer wieder ohne auskommen und braucht auch gelegentlich etwas Gespür für die richtige Wegfindung.
Der Ostgipfel des Zahns auf 1611m war der letzte, den wir recht bequem erreichten. Ab hier wird der Kamm deutlich rauher und schmaler. Ab hier hat der Wanderer auch die Wahl, wie viele der zahlreichen Grattürmchen er auf seinem Weg überschreiten möchte. Wir versuchten uns an den meisten, mussten aber gelegentlich den Rückweg antreten, da der ein oder andere den II. Grad deutlich überschritt. Andererseits wären einige der wenigen Zacken, die wir umgingen, doch möglich gewesen.
Das ständige auf und ab am Grat, die steil-schrofigen Wiesenaufstiege, kurzen Kletter- und Latschenkampfstellen waren durchaus anstrengend, zumal so doch einige Höhenmeter zusammenkamen.
Nach dem Zahn-Westgipfel (1615m) mussten wir bis zum markierten Weg absteigen, umgingen einige Türme und stiegen dann an der Stelle wieder zum Grat, die ich bereits in der Woche zuvor erkundet hatte. Kurz wurde es noch einmal ausgesetzt, dann erreichten wir den höchsten Punkt des heutigen Tages, den Gipfel des Sonnenbergs (1622m), wo wir auch Mittagspause machten.
Vom Sonnenberg führen zunächst Steigspuren weiter nach Westen, dann war wieder Wiesen- und Schrofenkraxeln angesagt. Das Gelände wird nach dem Sonnenberg zwar tendenziell etwas leichter, gelegentliche IIer-Stellen werden aber nach wie vor geboten.
Der nächste Gipfel in der Reihe war der 1583m hohe Sonnenberggrat und auch diesen feierten wir gebührend mit einem Stück Gipfelschoki. Allmählich steckten uns die vielen kurzen, knackigen Anstiege ordentlich in den Beinen, aber wir blieben unserer Strategie treu, möglichst alle Buckel zu überschreiten.
Der letzte dieser Buckel war dann der Pürschling (1566m). Mittlerweile hatte es wieder zugezogen, so dass die Aussicht nicht allzu toll war. Also gingen wir bald weiter zum Pürschlinghaus, das wir gegen 15:30 Uhr erreichten und wo wir mit Apfelschorle und Weißbier auf die gelungene Überschreitung anstießen. Eine super Tour war’s, da störte es auch nicht, dass wir den Abstieg später im Regen zurücklegen mussten. Hauptsache, am Grat hatten wir gute Bedingungen.
4 Kommentare
Jonas · 29. Januar 2015 um 7:19 pm
Der Schrof! Das ist schön, dass man ihn auch mal wieder erwähnt!
Liebe Grüße,
Jonas
Hannes · 30. Januar 2015 um 10:01 pm
Ich sag mal, das hat er sich verdient, der alte Rabauke!
Schöne Grüße
Hannes
Rebecca · 4. November 2015 um 6:40 pm
Servus Hannes,
hab die Tour bis zum Zahn vor kurzem auch gemacht – danke für die Inspiration und die Infos! Im Text gibt’s daher auch eine Verlinkung zu dir: http://rebecca-abenteuerberge.blogspot.de/2015/11/auf-stillen-pfaden-im-ammergebirge.html
Liebe Grüße
Rebecca
Hannes · 4. November 2015 um 9:28 pm
Hallo Rebecca,
freut mich, dass Euch diese Tour auch gefallen hat. Ist wirklich eine schöne Ecke im Ammergebirge.
Schöne Grüße
Hannes