Bergtour im Karwendel am 08.11.2015

Beim Mittagessen waren mein Kollege Dietmar und ich darauf gekommen, dass er vor kurzem einen Anstieg versucht hatte, für den auch ich mich schon länger interessiere: den Wörner von Süden. Folgerichtig beschlossen wir, es noch einmal gemeinsam zu versuchen – und zwar als Überschreitung und möglichst noch mit der benachbarten Hochkarspitze als Zugabe. Ein ehrgeiziges Vorhaben, dass wir immerhin zu zwei Dritteln umsetzen konnten.

Eine herbstliche Wörner-Überschreitung ist eine recht rustikale Bergfahrt: Langer Zustieg, viel mühsames Gelände, heikle Schrofen, schöne Kletterstellen fast nur im Abstieg, keine Einkehrmöglichkeit. Also vor allem was für Liebhaber. So wie für uns.

Hohe Munde und Große Arnspitze geben sich die Ehre.

Hohe Munde und Große Arnspitze geben sich die Ehre.

Los ging es halb acht in Scharnitz am üblichen Wanderparkplatz. Immerhin bogen wir dieses Mal gleich ab, um ins Karwendeltal zu gelangen. Gleich zu Beginn überholten uns vier Radler – schließlich fährt jeder vernünftige Mensch mit dem Rad in dieses lange Tag. Nur Leute, die sich eine Überschreitung in den Kopf gesetzt haben, müssen eben zu Fuß gehen.

Gute Bekannte: Bärlaplkopf, Schlichtenkarspitzen und Vogelkarspitze; rechts davon die Östliche Karwendelspitze.

Gute Bekannte: Bärlaplkopf, Schlichtenkarspitzen und Vogelkarspitze; rechts davon die Östliche Karwendelspitze.

Hier geht es hinauf ins Großkar; rechts die Hochkarspitze.

Hier geht es hinauf ins Großkar; rechts die Hochkarspitze.

So wanderten wir also knapp zwei Stunden dahin, bis wir den Abzweig ins Großkar erreichten. Diesen hätte ich wahrscheinlich nicht auf Anhieb erkannt, aber Dietmar hatte die Gegend ja zum Glück schon erkundet und kannte sich nun aus.

Auf dem Weg ins Obere Großkar

Auf dem Weg ins Obere Großkar

Die Steilstufe zwischen unterem und oberem Großkar wird meist links umgangen, dann geht es über steile grasige Hänge weiter hinauf. Von unten wirkt es eher unscheinbar, doch das Großkar macht seinem Namen alle Ehre und ist tatsächlich ziemlich groß. Der obere Teil auf etwa 2000m Höhe besteht aus einer interessanten Karstlandschaft. Im Sommer ist es hier sicher ziemlich heiß, heute war es angenehm.

Der Blick weitet sich bis in die Stubaier.

Der Blick weitet sich bis in die Stubaier.

Noch einmal die Hochkarspitze

Noch einmal die Hochkarspitze

Als wir ins obere Großkar stiegen, sahen wir wir vor uns auch wieder die vier Radler (inzwischen allerdings ohne Räder), die ein gutes Stück vor uns unterwegs waren. Erstaunlich, dass sich heute gleich zwei Gruppen in dieses selten besuchte Kar verirrt hatten.

Es war schon nach Mittag, als wir am Abzweig zur Hochkarspitze ankamen. Wir waren uns einig, dass sich beide Gipfel heute nicht mehr ausgehen würden – also ließen wir die Hochkarspitze aus und wandten uns der Überschreitung des Wörners zu.

Dort gehen wir heute nicht mehr hinüber.

Dort gehen wir heute nicht mehr hinüber.

Im letzten Geröllfeld am Wörner.

Im letzten Geröllfeld am Wörner.

Nach einer losen Geröllquerung und einer ersten leichten Kletterei (I) erreichten wir die steilen Grasschrofen, die einen Großteil des Anstiegs ausmachen. Hier wartete einer der Radler auf seine Kameraden; ihm war das Gelände zu heikel. In der Tat war es nicht ganz ohne, denn der Fels war brüchig und der Hang steil. Immerhin war das Gras heute trocken – im Gegensatz zum letzten Mal, als Dietmar bis hierher gekommen war und angesichts der nassen Grasschrofen den Rückzug angetreten hatte.

Die Schrofenkraxelei beginnt.

Die Schrofenkraxelei beginnt.

Der Gipfel des Wörner wartet schon.

Der Gipfel des Wörner wartet schon.

Heute nun war der Weg frei und mit Konzentration erreichten wir eine tiefe Einschartung östlich des Gipfels, die wir als Zwischenziel ausgemacht hatten. Der Weiterweg war von hier aus unklar und so hielten wir uns einfach mal an de Grat. Das bescherte uns einige schöner IIer-Stellen in gutem Fels und erstaunte Blicke der Radler, die es bis zum Gipfel geschafft hatten.

Ein bisserl Kraxelei am Grat

Ein bisserl Kraxelei am Grat

Über die Soiernspitze hinweg geht der Blick bis zum Starnberger See.

Über die Soiernspitze hinweg geht der Blick bis zum Starnberger See.

Und auch allerlei Karwendelprominenz ist zu bewundern.

Und auch allerlei Karwendelprominenz ist zu bewundern.

Den letzten steilen Turm ließen wir aber aus und umgingen ihn erneut in Grasschrofen. Dort kamen uns dann auch die drei Radler entgegen, die von hier aus über schwache Steigpuren weiter abstiegen. Weiter ging es durch eine Rinne und dann links noch mal im II. Grat zum Gipfel (2476m), den wir etwa 13:45 Uhr erreichten. Zusammen mit zwei anderen Münchnern, die von Norden herauf gekommen waren, setzten wir uns unters Gipfelkreuz und ließen uns die Sonne ins Gesicht scheinen.

Die letzte richtige Kletterstelle...

Die letzte richtige Kletterstelle…

…und dann haben wir es geschafft.

…und dann haben wir es geschafft.

Die Aussicht war nicht ganz so umfassend wie am Wochenende zuvor im Kaiser, aber immer noch beeindruckend. So ließen wir uns eine gute halbe Stunde Zeit, bis wir uns mit dem Abstieg beschäftigten.

Wettersteinblick

Wettersteinblick

Noch einmal die Aussicht ins Alpenvorland

Noch einmal die Aussicht ins Alpenvorland

Und der Blick hinunter ins Großkar

Und der Blick hinunter ins Großkar

Der Steig durch die Westwand des Wörners hat auch noch mal einige IIer-Stellen zu bieten, ist der Südseite an Felsqualität aber deutlich überlegen. Und natürlich ist der Steig markiert, was einen riesigen Unterschied macht. Da störten uns auch einige gute eingetretene Schneepassagen nicht weiter.

Wir beginnen den Abstieg.

Wir beginnen den Abstieg.

Die Kletterei hier machte durchaus Spaß, trotzdem hatte ich nichts dagegen, als wir schließlich gegen halb vier den Wörnersattel erreichten, denn nun würde der weitere Abstieg deutlich schneller gehen.

Noch ein Stückerl bis zum Wörnersattel

Noch ein Stückerl bis zum Wörnersattel

Um noch etwas Sonne abzubekommen, stiegen wir nicht über die Hochlandhütte ab, sondern erstiegen flux den Steinkarlkopf (1979m) und wanderten nun über Zunterwaidkopfe und Rehbergwald zurück zum Parkplatz gegenüber der Mittenwalder Kasernen. Eine Variante, die durchaus empfehlenswert ist, da landschaftlich schöner und kaum länger als der direkte Abstieg.

Rückblick zu "unserem" Berg

Rückblick zu „unserem“ Berg

Abstieg - der sinkenden Sonne entgegen

Abstieg – der sinkenden Sonne entgegen

Viertel nach fünf endete unsere Überschreitung am zweiten Auto, dass wir hier morgens abgestellt hatten. Wieder ging eine schöne Tour zu Ende und wieder war ein Karwendelgeheimnis gelüftet – zumindest für uns.

Fakten zur Tour

  • Wörner (2476m), Süd-Nord-Überschreitung
  • Schwierigkeit T6, II
  • 1550 Höhenmeter
  • Erstbesteigung 1853 durch österreichische Triangulierer

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

2 Kommentare

Rebecca · 28. November 2015 um 9:15 am

Hey, ich wusste gar nicht, dass man den Wörner so „einfach“ überschreiten kann. Werden wir nächstes Jahr sicher auch mal angehen 🙂

Liebe Grüße

Rebecca

    Hannes · 2. Dezember 2015 um 8:10 pm

    Ich fand die Tour schon anspruchsvoll, aber das sollte Dich wohl nicht schrecken. Viel Spaß dabei!

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