Klettern im Karwendel am 17.06.2017

Predigtstühle gibt es einige in den Nördlichen Kalkalpen. Am bekanntesten ist wohl das Exemplar im Wilden Kaiser, der zu den prominentesten Klettergipfeln dort zählt. Auch im Karwendel gibt es einen Predigtstuhl, an dem man klettern kann. Niedriger zwar, weniger kühn geformt und leichter zugänglich, aber auch ein lohnendes Ziel.

Mein Kollege Stefan und ich starteten an der Talstation der Karwendelbahn um 08:15 Uhr und wanderten über den Ochsenbodensteig Richtung Dammkarhütte. Der Steig führt zunächst nett, aber etwas monoton durch den Wald. Dann plötzlich erreicht er eine Geländekante und der Blick öffnet sich aufs Dammkar mit seiner beeindruckenden Einrahmung aus Felswänden. Der einzige Schönheitsfehler ist, dass diese Aussicht damit erkauft wird, dass man zunächst 80 Hm absteigen muss, bevor es wieder hinauf zur Hütte geht.

Hinter Mittenwald der Wetterstein

Hinter Mittenwald der Wetterstein

Die Dammkarhütte zeigt sich.

Die Dammkarhütte zeigt sich.

Kurz nach zehn kamen wir dort an und machten kurz Pause auf der Terrasse. Ein lebhafter Wind wehte hier und es war deutlich kühler, als wir für diesen Tag erwartet hatten. Zwei Tische weiter saßen drei jugendliche Kletterer aus Innsbruck mit ihrem Jugendleiter. Die sahen ziemlich professionell aus und wir waren gespannt, was die so klettern würden.

Nach einer kurzen Stärkung wanderten wir zum Einstieg des Südwestpfeilers am Predigtstuhl hinüber, sortierten das Geraffel und bauten den Einstiegsstand auf. So war es doch schon fast elf, als ich in die erste Seillänge einstieg. Ich hatte durchaus Respekt, war der Einstieg (IV) doch deutlich steiler als erwartet. Als unangenehmer stellte sich jedoch die Temperatur des Gesteins heraus und bald schon hatte ich kein Gefühl mehr in den Fingern, was ich gerade im Vorstieg gar nicht leiden kann.

Die erste Seillänge ist geschafft.

Die erste Seillänge ist geschafft.

So brauchte ich etwas, musste zwischendurch auch mal Pause machen und die Finger aufwärmen, bevor ich den ersten Zwischenstand erreichte. Ab hier lief es nun besser. Die zweite Länge gehörte auch noch mal mir und etwas angespannt blickte ich – zwischen mir und dem Stand nur eine alte Rostgurke – den steilen Riss hinauf, der die Schlüsselstellte der Tour darstellt (IV+). Hier etwas dazu zu legen, war kaum möglich, also ging ich konzentriert zur Sache und war erstaunlich schnell am Bohrhaken beim Rissausstieg. Der Rest war dann einfach und so war auch diese Länge bald geschafft.

Am Ausstieg aus der Schlüsselstelle

Am Ausstieg aus der Schlüsselstelle

Im Schneckentempo

Im Schneckentempo

Die dritte Länge übernahm nun Stefan, der es auch noch mal mit drei anspruchsvollen IVer-Stellen zu tun bekam, bevor es danach leichter wurde. Ab hier kletterten wir dann auch alles in Wechselführung. Länge Nr. 4 (III+) war die letzte am eigentlichen Pfeiler; auf einem Absatz trifft die Route mit dem Soldatenweg (III) zusammen und führt durch weniger strukturierte Wandabschnitte weiter zur Gipfelwiese. Dank des Soldatenweges sind die folgenden Seillängen deutlich besser mit Bohrhaken abgesichert als die unteren (dort aber auch ok).

Stefan startet in die dritte Seillänge.

Stefan startet in die dritte Seillänge.

Die fünfte und sechste Seillänge bescherten uns sehr schönes IIIer-Gelände: Nie schwierig, aber auch nie langweilig. Das machte einfach Spaß. Hier schloss auch die erste der beiden Innsbrucker Seilschaften zu uns auf, die sich beide für die selbe Route entschieden hatten wie wir. Die zwei Jungs waren ziemlich fit und überholten uns schließlich auch kurz vor dem Ausstieg.

Am Beginn der fünften Länge

Am Beginn der fünften Länge

Standplatz mit Aussicht

Standplatz mit Aussicht

Die Längen sieben und acht sind etwas weniger interessant, da sehr einfach (I und II), bevor es in der neunten und letzten Seillänge noch einmal interessanter wird (III). Leider war hier dank des Windes keine verbale Kommunikation möglich, so dass ich letztlich auf Verdacht nachgestiegen bin. Das Seilverhalten war doch recht eindeutig, so dass das vertretbar schien. Oben am Ausstieg sicherte mich Stefan auch ganz selbstverständlich nach, es passte also alles.

Los geht's in die letzte Länge.

Los geht’s in die letzte Länge.

Oben erwartet uns eine Blumenwiese.

Oben erwartet uns eine Blumenwiese.

Insgesamt hatten wir drei Stunden für die Kletterei gebraucht, womit wir durchaus zufrieden waren. In Ruhe und voller Freude über die hinter uns liegende schöne Tour packten wir alles zusammen, wechselten die Schuhe und wanderten dann zum kaum markanten Gipfel (1975m) des Predigtstuhls weiter. Hier machten wir noch einmal Pause und genossen bei immer freundlicher werdendem Wetter die Aussicht.

Auf den letzten Metern zum Gipfel

Auf den letzten Metern zum Gipfel

Gegenüber thronen Kreuzwand und Westliche Karwendelspitze

Gegenüber thronen Kreuzwand und Westliche Karwendelspitze

Nach Abstieg durchs Dammkar machten wir es uns auf der Hüttenterrasse gemütlich und stießen bei einer Brotzeit auf unseren Erfolg an. Später ging es über den Ochsenbodensteig entspannt zurück nach Mittenwald, wo wir etwa viertel vor sechs ankamen. Es war einfach ein schöner Klettertag, der nun hinter uns lag.

Rückblick ins Dammkar

Rückblick ins Dammkar

Daten zur Tour

  • Predigtstuhl (1975m), Südwestpfeiler
  • Schwierigkeit IV+, 9 SL, 300m
  • 1000 Hm
  • Stände gebohrt, wichtige Zwischenhaken vorhanden
  • Topo bei bergsteigen.com

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

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