Klettern im Wetterstein am 13.10.2019

Als ich den Abseilring am Grat erreichte, kam auch die Freude. Geschafft! Nur den Hauptgipfel würden wir heute wohl eher nicht mehr erreichen. Aber egal, Hauptsache, wir hatten unsere Klettertour, die Siemens/Wolf am Westgratturm der Schüsselkarspitze gepackt.

Schon einige Jahre wollte ich die Siemens/Wolf klettern. Erst traute ich mich nicht recht heran (wobei mir gar nicht mehr klar ist, warum eigentlich), dann war ich verletzt, dann kam Anderes dazwischen. Im September war es dann soweit und zusammen mit einem Kletterkollegen machte ich mich auf zur Südseite der Schüsselkarspitze.

Wir waren ein wenig spät dran, als wir den Einstieg erreichten, doch das Wetter war gut und versprach noch besser zu werden. Also los! Mein Partner war zuvor sehr lange nicht mehr geklettert. Die Schwierigkeit hatte er locker drauf, doch der Kopf spielte noch nicht wieder mit. Und so traten wir bereits nach der ersten Seillänge den Rückzug an und übten noch ein wenig Standplatzbau und Abseilen. Es war natürlich richtig, nicht weiterzugehen, trotzdem war ich enttäuscht. Und ich hoffte, dieses Jahr noch wiederkommen zu können und nicht erst in der nächsten Saison.

Mitte Oktober passte es dann endlich: Die Wettervorhersage war geradezu perfekt, ich hatte Zeit und mit Matthäus auch einen passenden Partner. Kurz vor acht starteten wir am Parkplatz und begannen den Aufstieg zur Wangalm. Es war zunächst noch kalt und unserer Hände fröstelten. Doch schon bald mussten die Jacken in den Rucksack und wir konnten bei sehr angenehmen Temperaturen bergauf wandern.

Die Alm links liegen lassend stiegen wir gleich bis zum Einstieg auf. Etwas über 2h hatten wir hier herauf gebraucht, was schon mal ein guter Start war. So konnten wir uns entspannt und ohne Hektik kletterbereit machen.

Matthäus ist von uns beiden der bessere Kletterer, doch für heute hatte ich darum gebeten, die schweren Längen vorzusteigen. Jetzt hatte ich so lange gewartet, da wollte ich das Ding auch „richtig“ klettern. Das bedeutete, dass Matthäus anfangen würde. Problemlos und ohne Zögern stieg er die Rinne (III) zu einer grasigen Terrasse hinauf. Man sieht ihm an, dass er schon als Kind klettern gelernt hat. Dann war ich dran. Obwohl ich die erste Länge ja schon einmal geklettert war, fand ich zunächst kein Gefühl für den Fels. Aber schwer war es ja nicht.

Etwas nervös querte ich dann hinüber zur Rinne der zweiten Länge (IV). Der Fels hier war herrlich fest und griffig und mit der Bewegung kam auch die Sicherheit ein Stück weit zurück. Auf einem kleinen Tritt querte ich zum letzten gebohrten Zwischenhaken, dann wurde es auch schon wieder leichter.

Seillänge Nummer drei führte Matthäus zunächst schräg rechts hinauf über eine sehr schöne Wasserrillenplatte (III). Es folgte eine waagerechte Schrofenquerung (II+) zum nächsten Standplatz in einer Nische. Links aus der Nische herauszuklettern (IV-) war dann wiederum meine Aufgabe. Das gelang ganz gut, allerdings machte ich dann den Fehler, nicht weiter linkshaltend aufzusteigen, sondern nach rechts in eine kleine Scharte zu queren, womit ich mit das Leben unnötig schwer (ca. IV+) machte. Der Rest von Seillänge vier war dann wieder leichter.

Die fünfte Seillänge ist dann relativ kurz und leicht (III) und entsprechend zügig erreichte Matthäus den letzten Zwischenstand. Nun war ich wieder an der Reihe für die letzte Länge. Hier ging es zunächst ein steilen Riss hinauf (IV), wo ich den beiden Bohrhaken noch einen Friend hinzufügte. Direkt am zweiten Haken war dann auch die Schlüsselstelle. Ich ruhte mich noch einmal kurz aus, dann überwand ich das obere Ende des Risses (V-) und stieg über eine raue Wasserrille auf einen Absatz. Damit war das Schwerste geschafft!

Die nun folgende enge Kaminverschneidung (III+) war allerdings auch nicht ganz ohne. Nicht schwierig, aber mühsam und anstrengend. Doch schließlich hatte ich auch diese hinter mich gebracht und über einige letzte Felsstufen ging es zum Standhaken, der direkt am Grat einen launig-luftigen Rastplatz bietet. Geschafft! Ein kleiner Klettertraum in Erfüllung gegangen.

Nachdem ich Matthäus nachgesichert hatte, sah er sich zunächst den Weiterweg zum Gipfel der Schüsselkarspitze an. Es wurde schnell klar, dass es einfach zu lange dauern würde, dorthin und wieder zurück zu klettern. Also entschieden wir uns, direkt abzusteigen. Eine Länge am Westgrat sicherten wir noch, dann seilten wir zum Hubschrauberlandeplatz ab. Dort holten wir dann erst einmal die Gipfelrast nach und genossen die Aussicht. Anschließend seilten wir weiter zur östlichen Wangscharte und schließlich zum Wandfuß ab.

Der weitere Abstieg verlief unspektakulär. An der Wangalm machten wir noch einen Stop, um drohender Unterhopfung entgegenzuwirken, dann ging es zurück zum Parkplatz. Etwas erschöpft und sehr zufrieden nach dieser tollen Klettertour und der Umsetzung eines lang gehegten Planes.

Daten zur Tour

  • Schüsselkarspitze Westgratturm, „Siemens Wolf“
  • Erstbegangen 1922 durch E. v. Siemens, H. v. Wolf
  • Schwierigkeit V-, 6 SL, 200m
  • Absicherung mit Bohrhaken an Standplätzen und wesentlichen Zwischensicherungen
  • 1300 Hm
  • Abstieg über Östliche Wangscharte (Abseilen)
  • Topo bei bergsteigen.com

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

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