Jahresrückblick 2020

2020 war das Jahr der Covid-19-Pandemie. Und damit sehr seltsam. Durch die Verringerung anderer Urlaubsmöglichkeiten fuhren wahrscheinlich mehr Menschen in die Alpen als je zuvor. Auch sonst war es interessant.

Zu Beginn des Bergjahres 2020 war noch nicht abzusehen, wie ungewöhnlich es werden würde. Über Silvester fuhren Boris und ich nach Südtirol zum Skitourengehen. Es wurde ein super Saisonbeginn mit herrlichen Touren. Da konnte uns auch das vorzeitige Ende aufgrund eines doppelten Bindungsbruches nicht mehr die Laune verderben.

Von den Schneebedingungen her war die weitere Tourensaison zwar bestenfalls durchschnittlich, dafür bot sie mit der Überschreitung des Zuckerhütls noch ein ganz besonderes Erlebnis. Für Dietmar und mich war es die erste Nordwand. Beide hatten wir das schon lange vorgehabt. Und als es dann endlich klappte und bei super Bedingungen auch noch richtig gut lief, war das natürlich herrlich. Die Kletterei war für uns durchaus anspruchsvoll, aber wir hatten sie immer im Griff. Dementsprechend groß war die Zufriedenheit hinterher.

Wenig später verbreitete sich Covid-19 mit zunehmender Geschwindigkeit in Europa. Und während ich als erste Frühlingstour zu Fuß Ponten und Bschießer überschritt, sollte man schon nicht mehr nach Tirol fahren. Es folgten Grenzschließungen und Ausgangsbeschränkungen. Wandern war zwar nicht verboten, aber unerwünscht. Dazu wurden zahlreiche Wanderparkplätze geschlossen. Dementsprechend ging nicht viel zwischen Ende März und Anfang Mai.

Dank der Maßnahmen und des wärmer werdenden Wetters gingen die Neuansteckungen schließlich zurück und die Ausgangsbeschränkungen wurden aufgehoben. Meine anschließend erste Tour führte mich erneut ins Allgäu – dieses Mal über Gaishorn und Rauhhorn. Mit der Überschreitung der Tiefkarspitze folgte dann einige Wochen später meine anspruchsvollste Solotour und eines der Highlights dieses Bergjahres.

Mitte Juni fuhren wir dann zum Radeln und Klettern nach Arco – ein spezielles Erlebnis. Der Brenner war fast autofrei, der Campingplatz nur zu einem Drittel gefüllt. In Riva hatten die Eisdielen aus Mangel an Gästen geschlossen und in Malcesine war die Uferpromenada verwaist.

Es war gespenstisch. Fürs Klettern aber hatte es auch Vorteile, da wir einige sonst überlaufene Routen entspannt klettern konnten. An den Sonnenplatten kletterten wir „Man Ilia“ (9 SL, V-), an der Parete San Paolo „Via delle Ammoniti“ (4 SL, V), „Vie Siuxie“ (3 SL, V/V+) und „Via Pungitopo“ (3 SL, V).

Dank dieses Trainings gelangen mir mit wechselnden Partnern 2020 auch noch einige andere schöne Kletterrouten wie die „Solo-40ger“ an der Lamsenspitze (11 SL, V+), die Nordkante am Höllentorkopf (14 SL, IV+/V-) und der Kreuzkamp Ostpfeiler (11 SL, V+/VI-). Es war für mich also ein ziemlich erfolgreiches Kletterjahr. Da waren schon ein paar fordernde Stellen dabei, aber es war nie zu viel.

Der Sommer hielt weitere bemerkenswerte Touren parat. Die Watzmann-Überschreitung war zwar nicht schwierig, dafür landschaftlich traumhaft. Und der Stüdlgrat am Großglockner schließlich ein ebenso schöner wie lang ersehnter Klassiker, der uns dazu auch noch recht entspannt von der Hand ging.

Zum Ende des Sommers stand dann noch etwas besonderes an: Das zehnjährige Jubiläum dieses Blogs. Echt erstaunlich, dass ich den jetzt schon so lange schreibe. 🙂

Im Herbst 2020 schaltete ich dann den Tourenanspruch aus verschiedenen Gründen einen Gang zurück. Dafür stieg der Wühlfaktor, besonders bei einer langen Neuschneetour im Fotscher Tal und bei der Besteigung des Hochiss im Rofan.

Mit 48 386 49 494 Höhenmetern und 77 78 Gipfeln an 40 41 Tagen war ich 2020 nicht besonders viel unterwegs. Dafür war ich mehr klettern als in den vergangenen Jahren und konnte einige lang ersehnte Touren unternehmen.

Doch auch ganz abgesehen davon bin ich ganz einfach dankbar für die vielen schönen Eindrücke, die ich auch dieses Jahr wieder im Gebirge sammeln durfte. Die besondere Situation der Pandemie hat mir vor Augen geführt, wie wenig selbstverständlich es ist, Bergsteigen zu können. Weder die notwendige Gesundheit noch die Freiheit.

Kategorien: Berggedanken

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

4 Kommentare

Mark · 30. Dezember 2020 um 7:13 pm

Bei deinem Bergjahr kann man wahrscheinlich sagen, Qualität vor Quantität. Da waren schon einige anspruchsvolle Touren dabei.
Dein Schnitt von Gipfeln pro Tourentag ist übrigens wesentlich höher als bei mir.

    Hannes · 31. Dezember 2020 um 9:41 am

    Ja, „Qualität statt Quantität“ trifft es wohl. Ganz so krachen lassen wir Ihr habe ich es nicht. 😉 Aber es waren schon ein paar anspruchsvolle und / oder lange Touren dabei. Und wie Du anderswo so schön geschrieben hast: Es sind die Erlebnisse, die zählen.

Rebecca · 4. Januar 2021 um 6:08 pm

Hi Hannes, ein gutes neues Jahr wünsche ich dir! Da hast du in 2020 doch einige schöne Touren unternommen – Glückwunsch, vor allem zum easy going Stüdlgrat (oh man, den will ich auch unbedingt noch machen!) und deine erste Nordwand! Auf dass 2021 mindestens genauso gut (und corona-technisch wieder besser) wird 🙂

Liebe Grüße

Rebecca

    Hannes · 6. Januar 2021 um 4:11 pm

    Danke Rebecca, auch Dir wünsche ich ein gutes neues Jahr! Vielen Dank auch für die Glückwünsche. Mir ist beim Aufschreiben des Jahresrückblicks auch noch mal klar geworden, wie viele schöne Touren letztes Jahr dabei waren. 🙂

    Ich wünsche Dir ein erfolgreiches Bergjahr mit schönen und intensives Erlebnisses. Und vielleicht klappt es dann nach Pandemie-Ende auch endlich mit einer gemeinsamen Tour.

    Schöne Grüße
    Hannes

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