Klettersteig in den Berchtesgadener Alpen am 24.07.2021

2021 werde ich noch zum Klettersteiggeher. Bereits zum dritten Mal griff ich an die Stahlseile, um einen Berg zu besteigen. Dieses Mal war der spektakuläre Königsjodler-Steig am Hochkönig mein Ziel. Und für einen Klettersteig gefiel mir dieser wirklich gut. Nur saumäßig anstrengend war es, aber daran war ich auch selbst Schuld.

Da diese Tour recht lang ist, startete ich schon um sechs am Dientner Sattel (1380m). Es war bereits ziemlich warm und versprach, ein heißer Sommertag zu werden. Gemütlich wanderte ich über den Königsweg zur Erichhütte (1545m), die ich nach einer Dreiviertelstunde erreichte.

Nun stand der eigentliche Anstieg an. War ich bislang allein unterwegs gewesen, war hier doch etwas mehr los. Der bekannte Königsjodler zieht eben viele Bergfreunde an. Nach weiteren knapp 200 Hm musste ich mich dann entscheiden: links direkt zum Einstieg oder rechts zur Taghaube und dann über den Kamm. Ich entschied mich für die zweite Variante, da sie für mich den Anstieg abzurunden schien. Außerdem würde ich so erst nach den meisten Anderen am Königsjodler unterwegs sein und dem Stau entgehen. Zur Nachahmung empfehle ich diese Variante ausdrücklich nicht, sie hat nämlich einen Haken. Aber dazu später mehr.

Am Anstieg zur Taghaube war ich zunächst wieder allein. Der Weg ist steil, steinig (T3) und anstrengend. Aber schließlich, ca. 07:40 Uhr, erreichte ich den 2159m hohen Kreuzgipfel, an dem es sich bereits ein Paar gemütlich gemacht hatte und das herrliche Morgenlicht genoss. Ich tat es ihnen kurz gleich und suchte dann nach dem Weiterweg.

Ein Stück musste ich wieder am Weg zurück, dann folgte ich Steigspuren rechtshaltend zu einer Scharte. Hier machte ich kurz Pause und legte den Klettersteig-Kram an, denn es folgte die erste Drahtseil-Passage. Einen steilen Kamin hinab (B/C) und dann wieder eine Rinne hinauf. Und das war’s dann auch erst mal, nun führte das Steiglein sicherungslos weiter auf den nächsten Kopf und um den höchten Punkt der Taghaube herum. Ich verzichtete auf den Abstecher, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.

Stattdessen wanderte ich locker weiter in die breite Scharte und weiter zum Einstieg des eigentlichen Klettersteigs. Eine große Tafel wartete dort auf mich. Aha, hier war ich offensichtlich richtig. „Grandlspitz Klettersteig“ stand auf dieser Tafel. Äh, oder vielleicht doch nicht? Schneller Blick auf die Online-Karte: Hier war ein durchgehender Weg am Kamm eingezeichnet. Aber irgendwie traute ich der Sache nicht. Zum Glück hatte ich Empfang und konnte recherchieren. Das Ergebnis: Nein, vom Grandlspitz kommt man nicht ohne Weiteres zur Hohen Scharte, wo der Königsjodler startet. Na so ein Mist, da hatte ich mich zu sehr auf diese eine Karte verlassen.

Oben einen weglosen Abstieg suchen, wollte ich nicht. Normalerweise macht mir so was ja Spaß, aber mit dem langen Anstieg vor mir wurde einfach die Zeit knapp. Also drehte ich stattdessen hier am Einstieg um, stieg 150 Hm zur Weggabelung ab und wanderte um den Grandlspitz herum wieder bergauf zur Hohen Scharte. Solche Bonus-Höhenmeter muss man eben in Kauf nehmen, wenn man sich sogar auf dem Weg zu einem Klettersteig verkoffert…

Oben sah ich dann die rote Tafel am Einstieg zum Klettersteig. Und dieses Mal war es auch wirklich der Königsjodler. Mittlerweile war es 09:00 Uhr. Ein bisschen spät, aber noch ok für mein erwartetes Tempo. Na denn mal los! Der Steig startete gleich mal steil (kurz D), was mir ein wenig Mühe bereitete, bevor ich allmählich in den Flow kam. Und dann ging es sehr abwechslunsgreich weiter.

Der Steigverlauf über die Gratzacken der Teufelshörner bietet sehr viel Abwechslung. Steil auf und ab, ausgesetzte Querungen, Spreizschritte, Flachpassagen (alles bis C/D). Alles unterhaltsam, dazu auch landschaftlich spitze, doch was mir am Besten gefiel: Viele Passagen kann man auch gut am Fels klettern, so dass der Steig keine reine Drahtseil-Wuchterei ist. Das macht zumindest mir viel mehr Spaß und ist nebenbei auch kraftschonend. Apropos kraftschonend: Die Hangelei an der Einseilbrücke ließ ich aus und kletterte stattdessen in die Scharte ab. Ist auch nicht so viel länger. Den Abschluss der Teufelshörner-Überschreitung bildet die „Dientner Schneid“ (C/D), bei der man sehr exponiert an der schmalen Gratkante aufsteigt. Für mich war das eine der schönsten Passagen im Königsjodler.

Nach etwa zwei Stunden erreichte ich den Notausstieg, den ich nicht nutzte. Weiter ging es über leichte Platten (A/B) und durch etwas Schotter zum Fuße des Kematsteins. Hier machte ich erst mal Pause und aß etwas. Allmählich wurde die Sache doch anstrengend. Mit dem Krafteinsatz am Steig hatte ich zwar keine Schwierigkeiten, aber die mittlerweile 1800 Höhenmeter merkte ich dann doch.

Frisch gestärkt machte ich mich dann an „Franzl’s Fantastica“, aus meiner Sicht die Schlüsselpassage des Königsjodlers. Etwa 150 Hm geht es sehr steil hinauf (D und C/D). Hier ist etwas Kletterfertigkeit definitiv hilfreich. Oben am Kematstein (2772m) kam ich gleichzeitig mit zwei Verfolgern an, die aufgelaufen waren, mich aber nicht überholen wollten. Stattdessen überholten wir zu dritt in der nächsten Scharte eine andere Gruppe, die uns netterweise vorbei ließ.

Es folgte das letzte Steilstück (D) und dann eine flachere Passage bis zum Gipfel des Hohen Kopfes (2875m), dem Ende des Steiges. Dieses Ende kam genau rechtzeitig, denn meine Kondition ging selbigem ebenfalls entgegen. Also erst mal Hinsetzen, Wasser, Schokolade. Dazu den Krempel wegpacken und die Aussicht genießen, die in der schwülen Luft allerdings recht trüb war.

Nach der Pause war es 13:15 Uhr. Netto hatte ich für den Steig 3,5h gebraucht, dazu die beiden Pausen. Das war erstaunlich zügig, dafür, dass ich schon so fertig war. Hinüber zum Matrashaus und Hochkönig-Gipfel wollte ich aber schon noch vor dem Abstieg, so viel Kraft würde ich jetzt auch noch aufbringen. Es wurde dann etwas Schinderei, bis ich die letzten 100Hm auch hinter mich gebracht hatte und es mir am höchsten Punkt der Berchtesgadener Alpen bei einer Zitronenlimo gemütlich machen konnte. Hochkönig, 2941m, super!

Nachdem ich ein wenig in der Sonne vor der Hütte herum gelümmelt hatte, wurde es doch mal Zeit für den Abstieg. Den wollte ich nicht zu spät angehen, falls die angekündigten Gewitter früher kämen als vorhergesagt. Ich hatte gelesen, dass es im Birgkar bei Nässe unangenehm würde. Nachdem ich es jetzt kenne, vermute ich, dass „unangenehm“ noch untertrieben ist*.

Der Abstieg durchs Birgkar ist auf den oberen etwa 500 Hm kein richtiger Weg, sondern lediglich eine markierte Route (T4+). Oben besteht er aus harten, steilen Hängen mit dünner Geröllauflage, die prima zum Ausrutschen einladen. Oder dazu, voran Gehenden Steine auf den Kopf zu schmeißen. Nach einer langen Rechtsquerung geht es dann über flache, gestufte Felsen abwärts. Dieses Stück ist bei Trockenheit angenehmer als der erste Teil, bei einem Gewitterguss möchte ich das nicht ausprobieren. Insgesamt kam mir hier meine Erfahrung im weglosen Gelände zu Gute und ich überholte einige andere Bergfreunde.

Zum Abschluss dieser anspruchsvollen Passage wartete noch ein ausgedehntes Schneefeld. Leider war es zu hart, um entspannt runter zu kommen, aber mit konsequentem Ferseneinsatz ging es dann auch in den leichten Zustiegsschuhen ganz gut. Danach wurde des Gelände endlich leichter und ich konnte mich entspannen.

Der Weiterweg zurück zum Dientner Sattel war nun problemloses Pflichtprogramm. Mit mehr als 2100 Höhenmetern in den Beinen war die Erschöpfung groß, als ich 17:40 Uhr endlich den Parkplatz erreichte. Wow, das war mal eine Tour gewesen heute! Echt lang und in der Kombination mit der Taghaube wahrscheinlich auch (zurecht!) ziemlich exklusiv.

*Der Wirt des Matrashauses rät von einem Abstieg durchs Birgkar grundsätzlich ab. Der Steig ist anspruchsvoll, bei Nässe sehr heikel und obendrein grundsätzlich steinschlaggefährdet. Steigt man stattdessen über den Normalweg ab, kommt man anschließend mit dem Wanderbus zurück zum Parkplatz.

Daten zur Tour:

  • Hochkönig (2941m), über Taghaube & Königsjodler
  • Schwierigkeit D, I
  • 2150 Hm
  • Abstieg durchs Birgkar (T4+)
  • Topo bei bergsteigen.com


Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

2 Kommentare

Mark · 31. Juli 2021 um 5:50 pm

Die Wahl weiter nach Osten zu fahren, war richtig. Bei uns hat es ab va. 16.30 Uhr heftig gewittert.

    Hannes · 31. Juli 2021 um 7:35 pm

    Ja, die Tourenwahl hat sich ausgezahlt. Weiter westlich hätte ich mich nicht verkoffern dürfen. 😉 Abgesehen davon ist es auch schön, ab und zu mal Bergregionen zu besuchen, die ich noch gar nicht kenne. Selbst wenn die Fahrt etwas aufwändiger ist.

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