Hochtour in den Urner Alpen am 10.08.2021
Schon zwei Mal hatte ich versucht, den Galenstock zu besteigen. Beide Male waren wir am Neuschnee gescheitert. Also probierten wir es dieses Mal ohne Neuschnee. Und siehe da, kaum waren die Bedingungen gut, schon lief der SO-Sporn wie am Schnürchen.
Die Berge rund um den Furkapass liegen genau auf dem Weg ins Wallis. Wenn es also zu den hohen Bergen der Schweiz gehen soll, liegen sie genau richtig für eine Eingehtour. So hatten Boris und ich 2012 schon einmal versucht, den Galenstock zu besteigen, damals über den Normalweg. Leider hatte uns Neuschnee und die damit einhergehende Lawinengefahr knapp unter dem Gipfel einen Strich durch die Rechnung gemacht.
2016 versuchten dann Manuel und ich den interessanteren Anstieg über den SO-Sporn, fanden diesen aber tief verschneit vor, so dass es wieder nichts wurde.
Dieses Jahr aber waren die Bedingungen gut und so machten sich Boris und ich noch einmal an diesen Berg. Morgens um 05:15 Uhr starteten wir am Furkapass ins erste Morgengrauen. Wir folgten dem Weg zur Sidelenhütte, unser heutiges Ziel bald deutlich vor Augen.
Am P2634 verließen wir dann den Weg und wanderten weiter in nord-nordwestlicher Richtung über Moränenhänge zum westlichen Arm des Sidelengletschers. Steiler ging es über harten Firn zur untersten Stufe des Sporns, an dem die eigentliche Tour ansetzt. Hier machten wir Pause und stärkten uns. Ich erholte mich auch von der Anstrengung in der Höhe, die mir leider mal wieder deutlich zusetzte. Dabei beobachteten wir mehrere Seilschaften des Schweizer Militärs, die in unsere Richtung stiegen. Na, da wurde es Zeit, weiterzukommen.
Also gingen wir die Kraxelei an. Nach einigen Einstiegsschrofen packten wir an der ersten IIIer-Stelle das Seil aus. Die Kletterei entpuppte sich als gutmütig und gut abgesichert (Bohrhaken) und der Fels als herrlich fest und griffig. Schön war es, mal wieder an Granit zu klettern!
Die ersten beiden IIIer-Seillängen kletterten wir von Standplatz zu Standplatz, dann hatten wir uns so gut eingewöhnt, dass wir am laufenden Seil weitergingen. Alle Kletterstellen lösten sich herrlich auf und waren auch in Bergschuhen kein Problem. Für uns war der Galenstock SO-Sporn an diesem Tag die perfekte Eingehtour.
Nach 1,5h war der Spaß auch schon wieder vorbei und wir erreichten am P3365 das Ende des Sporns. Nun schnallten wir die Steigeisen wieder an die Füße und stiegen über den Firngrat weiter. Der Grat war bereits gut gespurt und die vorhandene Spur schien auch weit genug entfernt zu sein von den weit nach Osten auskragenden Wächten. So folgten wir also der Spur und erreichten um 11:00 Uhr den 3586m hohen Gipfel des Galenstocks. Cool, war ich im dritten Versuch endlich mal hier oben!
Das Wetter war herrlich und die Aussicht ebenso. Die Walliser und Berner Viertausender grüßten ebenso herüber wie die großen Gipfel der Ostschweiz. In der näheren Umgebung schweifte der Blick über Dammastock, Sustenhorn und Bielenhörner. So setzten wir uns an einen windgeschützten Platz unter dem Gipfelkreuz und genossen den Augenblick. Und erst nach einer knappen Stunde brachen wir wieder zum Abstieg auf.
Wir gingen zunächst auf unserem Aufstiegsweg zurück, dann aber am P3365 vorbei weiter zum P3251. Hier ist eine Abseilpiste eingerichtet, die in 7x 25m zurück zum Sidelengletscher führt. Ob das viel schneller geht als über den Rhonegletscher abzusteigen, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall ist es weniger anstrengend und bot uns außerdem ein gutes Übungsgelände.
Wir probierten ein Vorgehen aus, das ich mir im Vorfeld überlegt hatte und bei dem der Erste jedes mal am Doppelstrang abgelassen wird und der Zweite hinterher abseilt. Der Gedanke dabei war, den Abstieg möglichst sicher und trotzdem schnell zu gestalten. Nach den ersten beiden Abseillängen hatten wir uns eingespielt und das Ganze lief sehr flüssig. Also ein erfolgreicher Test dieser Abstiegsmethode!
Die Abseilpiste ist streckenweise sehr steil, dafür komfortabel eingerichtet. Höhepunkt sind die Gitterplattformen, wo man sonst in der Wand hängen würde. Die Teil-Redundanz mit zwei oder sogar drei Bohrhaken einerseits und einer Kette aus geschweißten Gliedern andererseits finde ich jedes Mal etwas seltsam, aber ich kenne auch die Vorgabe für die Reißfestigkeit der Schweißnähte nicht. Da mir nicht bekannt ist, dass es an solchen Ketten häufiger Unfälle gegeben hätte, wird es wohl passen.
Vom letzten Abseilstand aus erreichten wir bequem den Firn und setzten unseren Weg danach zu Fuß fort. Kurz nach 16:00 Uhr waren wir wieder am Furkapass, wo wir diese schöne Tour mit Café und Kuchen im Furkablick abschlossen. Heute hatte am Galenstock mal alles wie am Schnürchen geklappt. Ein gutes Omen für die bevorstehende Tourenwoche.
Daten zur Tour
- Galenstock (3586m), SO-Sporn
- Schwierigkeit AD-, III
- 1350 Höhenmeter
- IIIer-Längen gut mit Bohrhaken abgesichert
- Abstieg über verschiedene Varianten möglich, u.A. per Abseilpiste ab P3251
6 Kommentare
Mark · 27. August 2021 um 4:11 pm
Endlich hattest du mal gutes Wetter in den Westalpen. Ich bin mal gespannt, was ihr noch gemacht habt.
Hannes · 28. August 2021 um 10:04 am
Ja, dieses Mal hatten wir richtig Glück mit dem Wetter. Unsere Erfolgsbilanz war trotzdem durchwachsen, aber wart’s ab. Bald mehr in diesem Blog. 😉
Flachlandtiroler · 3. September 2021 um 7:39 am
Hab‘ die identische Tour gut eine Woche später gemacht… 😉
Direkt aus Flachlandtirolien merkt man die Höhe bereits am Parkplatz…
So ganz „gescheitert“ seid ihr ja nicht, wie man am Artikel über’s Bietschi sehen kann!
Hannes · 4. September 2021 um 12:49 pm
Servus Flachlandtiroler,
Gut zu wissen, dass ich nicht der einzige bin, der schon unten die Höhe spürt. Mittlerweile habe ich auch den Eindruck, dass eine Nacht auf 2000+m die Sache eher schlimmer macht.
Ja, Bietschhorn war super. Danach ging die Erfolgsbilanz leider etwas nach unten… 😉
Flachlandtiroler · 20. September 2021 um 3:45 pm
„Die Höhe spüren“ ist ja Vorraussetzung, dass der Akklimatisationsvorgang startet. Unter 2000m passiert m.M.n. eher nichts, der Höhen-„Reiz“ erfolgt ja dann allenfalls tagsüber und mann muss auch viel mehr Höhenmeter ansteigen als wenn man bereits von 2400m startet.
Furka ist (für mich) ein guter Anfang: Anreise nach Feierabend, oben pennen und anderntags sowas wie Galenstock oder Gletschhorn (aber gaaaanz laaangsam…); dann nochmal oben schlafen und ab auf die hohen Berge 🙂
Hannes · 24. September 2021 um 9:39 am
Servus Flachlandtiroler,
da hast Du natürlich recht. Wenn man nix spürt, dann gibt es auh keine Anpassung. Ich finde die Furka auch super als Zwischenstation zur Akklimatisierung.