Bergtour im Tennengebirge am 23.04.2022

Wie eine überdimensionierte Festungsmauer erheben sich die Südwestabstürze des Tennengebirges über dem Salzachtal. Höchster Punkt dieser Mauer ist das Raucheck, dessen Gipfel ca. 1900 m über den Talgrund liegt.

Eigentlich waren Dietmar und ich für eine Skihochtour verabredet. Doch nach einer langen Phase mit perfekten Bedingungen wurde genau pünktlich zu unserem Wochenende das Wetter schlechter. Genau wie schon drei Wochen vorher, als wir zum ersten Mal etwas ausgemacht hatten. Tja, da kann man nix machen und ein Ausweichplan musste her.

Immerhin, im Osten der Nordalpen sollte das Wetter am Samstag recht brauchbar sein. Da könnte man doch mal das Tennengebirge besuchen – dort waren wir beide noch nie.

Als wir morgens auf der A8 durch den Nieselregen fuhren, fragten wir uns, ob das wirklich eine so tolle Idee war, heute eine Bergtour zu übernehmen. Doch ab Salzburg riss es dann auf und mit den ersten blauen Flecken am Himmel kam auch die Vorfreude zurück. Nach der nicht ganz kurzen Anfahrt starteten wir 09:15 Uhr am Parkplatz Unterholz unsere Wanderung zum Raucheck. Am Gastof Mahdegg vorbei erreichten wir durch den Bergwald die Schneise unterhalb von Grieskar und Fieberhörnern. Die Wolken, die zu Beginn noch in den steilen Flanken gehangen hatten, verflüchtigten sich und gaben den Blick frei auf das grandiose Panorama zwischen Raucheck und Werfener Hochthron.

Ab ca. 1600m trafen wir auf die ersten Schneeflecken im Wald und etwa hundert Meter höher begann die geschlossene Schneedecke. Alte Spuren fanden wir unterwegs nirgendwo, andere Bergsteiger auch nicht, was den Erlebniswert unseres Ausflugs nur steigerte. Da ich heute der etwas Fittere von uns war, fiel mir im Aufstieg die meiste Spurarbeit zu. Das war ok, zumal der Firn meist griffig und fest war und wir nur selten tiefer einsanken.

Bei Anblick des Throntales entschlossen wir uns spontan, dort aufzusteigen anstatt über den Normalweg durch das Grieskar. Zu verlockend sah das steile, schmale Tal aus, das spektakulär von Fiberhörnern links und Hochthron rechts (im Aufstiegssinn) eingerahmt wird.

Auf dem Weg dorthin begegneten wir einigen Gämsen, die erstaunlich wenig scheu waren, obwohl sogar ein Kitz dabei war. Ob sie wissen, dass noch Schonzeit ist und sie von Menschen nichts zu befürchten haben? Auf jeden Fall war es sehr schön, die Tiere dabei zu beobachten, wir sie von einem Felsen aus anscheinend die Aussicht genossen.

Etwas unterhalb der Thronleiter wurde die Firnflanke dann so steil, dass wir es vorzogen, Steigeisen anzulegen. Dann kam die Leiter (B), die doch recht ausgesetzt ist. Hier ohne Sicherung und mit Steigeisen hochzusteigen, fand ich tatsächlich unangenehm. Schwer war es aber natürlich nicht und bald standen wir oben am Eingang des Throntales.

Über einige Schrofen auf der rechten Seite (I-II) überwanden wir die ersten Meter, dann stapften wir durch den Schnee weiter. Einige Wolken flogen vorbei und hüllten uns kurz in Weiß. Doch zog es schnell wieder auf und wir konnten uns wieder orientieren. Kurz vor der Griesscharte (2270m) machten wir dann Pause, aßen eine Kleinigkeit und genossen die dramatische Gebirgslandschaft um uns herum.

Besonders fantastisch geformt ist das Große Fieberhorn, das wie ein schmaler Schiffsbug von der Griesscharte aus ins Tal hinaus ragt. Die Oberseite der schmalen Schneide ist ein sanfter Grashang, doch links und rechts stürzen gewaltige Wände hinab.

Nachdem wir uns gestärkt hatten, wandern wir weiter in Richtung Streitmandl und bogen dann aufs Geratewohl nach Westen ab. Kurz überlegten wir, hier angesichts der Bewölkung umzudrehen. Doch da von Westen wieder etwas freundlicheres Wetter heranzog, beschlossen wir weiterzugehen. Und im schlimmsten Falle würden wir unseren Spuren zurück folgen können. Den beeindruckend überwächteten Hiefler (2378m) überschritten wir, dann ging es mit ein wenig Auf und Ab am Kamm weiter zum Raucheck.

Halb zwei erreichten wir den mit 2430m höchsten Punkt des Tennengebirges, das Raucheck. Etwas zugig war es hier, dafür war die Aussicht überraschend gut: Gegenüber lag der prächtige Hochkönigstock, ganz links der Dachstein und hinter uns das weite verschneite Plateau des Tennengebirges. Dietmar meinte dazu, der Vorteil des unbeständigen Wetters sei, dass wir heute mal 20 Quadratkilometer Gebirge ganz für uns hätten. Da hatte er wohl recht.

Nach ein paar Fotos verließen wir den Gipfel wieder und suchten uns ein windgeschütztes Platzerl für eine Rast. Schließlich wollte ich Gipfelsemmel und Schoko-Hasen nicht wieder hinunter tragen. Direkt warm war es an unserem Pausenplatz und wir freuten uns über diesen schönen Tag im Gebirge. Heute hatten wir es ja wirklich super erwischt. Danach stapften wir zurück zur Griesscharte und schauten uns den Abstieg durchs Grieskar an.

Im oberen Bereich des Abstiegs waren viele Markierungen schon wieder ausgeapert, was für die Wegfindung natürlich angenehmm war. Das steilste Stück stapften wir rückwärts durch den Schnee, danach ging es entspannt über die Firnhänge talwärts. Unterhalb des Kleinen Fieberhorns querten wir über Lawinenreste nach Süden und fanden bald unsere Aufstiegsspur wieder. Nun rutschten und wanderten wir zurück zum Parkplatz. Fünf Minuten vor Ankunft erwischten uns die ersten Regentropfen. Perfektes Timing heute! Besser hätte unsere Ausweichtour kaum laufen können.

Daten zur Tour

  • Raucheck (2430m) durchs Throntal
  • Schwierigkeit T4, I, B (Sommerbewertung)
  • 1550m Höhenmeter
  • Einfachster Abstieg durchs Grieskar


Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

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