Skitour in der Sesvenna-Gruppe am 30.03.2023

Manchmal soll es einfach nicht sein. So wie vor Kurzem am Piz Sesvenna. Trotz Durchhaltewillens vereitelten schwierige Bedingungen, schlechtes Wetter und eine falsche Einschätzung der Länge dieser Tour einen Gipfelerfolg. Es war also eher eine lehrreiche Tour.

Kurz nach acht startete ich in Schlinig (1700m). Eher spät für diese Tour, weil ich der Tageswärme Zeit geben wollte, zur Setzung des Triebschnees vom Vortag beizutragen. Im Nachhinein war das völlig unnötig, da schon die Nacht sehr mild und der Schnee bereits in der Früh komplett batzig war. Ich wäre also besser früher losgegangen.

Nachdem ich die Ski durch den Ort getragen hatte, ging es weiter auf die Langlaufloipe, ins Tal hinein. Kurz vor der Schliniger Alm war dann Schluss mit der präparierten Strecke und ich musste wieder zu Fuß weiter. Ein steiler Karrenweg führt hier auf der rechten Seite eine Steilstufe empor, die den Talschluß bildet. Darüber war es dann nicht mehr weit bis zur Sesvenna-Hütte (2258m) und hier lag auch wieder ein wenig Schnee.

Nach 01:40h hatte ich die Hütte erreicht und ab hier gab es auch tatsächlich eine frische Spur richtung Fuorcla Sesvenna. Super, dachte ich mir, wenigstens muss ich nicht noch spuren. Trotzdem wurde der Aufstieg zunehmend mühsam, da der Schnee so batzig war, dass sich zumindest in den sonnseitigen Hängen üble Stollen unter den Fellen bildeten. Abschnittsweise musste ich alle paar Minuten von den Ski steigen und die Felle von ihrer Last befreien. Das war schon ziemlich ätzend, aber zum Glück änderte sich die allgemeine Hangausrichtung bald zum Guten. Nun fielen die Stollen wenigstens von selbst wieder ab.

Auf ca. 2550m holte ich die beiden Spurer ein. Schade, dachte ich mir, ich hatte gehofft, dass sie schneller wären. So bedankte ich mich artig für die Spurarbeit und übernahm. In dem Batzschnee und bei dem dampfigen Wetter war das anstrengend. Und als ich gegen 11:30 Uhr die Fuorcla Sesvenna (2818m) erreichte und mich an einen halbwegs windgeschützten Platz setzte, merkte ich bereits eine gewisse Erschöpfung.

Hier wartete auch gleich die nächste Überraschung auf mich: Es war noch ganz schön weit bis zum Piz Sesvenna. Ich hatte die Tourenbeschreibung so verstanden, dass man von der Scharte zum Sesvenna-Gletscher in einem Bogen hinüber queren könne. Nun aber war klar, ich musste hier einfach 100m runter und hinten wieder hoch. So waren es also noch 500 Höhenmeter bis zum Gipfel und später noch mal 100, um wieder zurück zu kommen. Kurz dachte ich daran, es hier gut sein zu lassen. Aber dann dachte ich mir, dass ich so schnell nicht wieder herkommen würde, ich noch etwas Kraft hatte und ich mich ja auch recht gut schinden kann. Also weiter.

Nach der kurzen Abfahrt stieg ich also wieder auf und musste natürlich die gesamte Strecke spuren. Sehr anstrengend war das und ganz schön fertig erreichte ich schließlich das Skidepot unterhalb des Südostgrates. Leider hatte die Bewölkung mittlerweile zugenommen, aber noch lag sie oberhalb der Gipfel. Also weiter.

Zu Beginn war der Grat so, wie ich ihn erwartetet hatte: Weitgehend abgeblasen und mit Steigeisen gut zu gehen. Doch dann wechselte der Weg auf die Leeseite und hier sorgte Triebschnee auf, zwischen und an den großen Felsblöcken recht unvermittelt für eine anspruchsvollere und unangenehme Stelle. Mit dem Pickel schaufelte ich den Schnee von den Felsen, um mögliche Griffe und Tritte freizulegen. Die erste Runde hatte wenig Erfolg. Ich überlegte gerade, wo ich weiterschaufeln würde, und gönnte mir einen Blick auf die Uhr und auf den Himmel. Und da war klar, dass es keinen Sinn mehr machen würde, weiterzugehen. Es war bereits 13:45 Uhr und das Wetter wurde immer schlechter. Zeit, umzudrehen.

Enttäuscht, dass meine Mühen heute nicht belohnt wurden, stieg ich zu meinen Ski zurück und machte mich bereit für die Abfahrt. Auf dem oberen Teil des Gletschers hatte es mittlerweile komplett zugezogen, so dass ich nur meiner Aufstiegsspur entlang rutschen konnte. Auf dem flachen Teil des Gletschers war ich dann unterhalb der Wolken und hier ging das Skifahren tatsächlich gar nicht schlecht. Immerhin!

Nach einer kurzen Pause am tiefsten Punkt, ging ich den Gegenanstieg an. Zurück an der Fuorcla Sesvenna empfing mich leichter Schneefall. Sehr gemütlich. Und gut, dass ich nicht noch länger oben am Grat herumgekraxelt war. Bei wenig Sicht fuhr ich also weiter ab, an der Hütte vorbei und zum Steilhang über dem Schliniger Tal. Dort schnallte ich die Ski an den Rucksack und latschte den ganzen Weg wieder hinaus. Die Loipe ließ ich dieses Mal aus, auf deren leichte Gegenanstiege hatte ich nach mehr als 1600 Höhenmetern heute nämlich keinen Bock mehr.

16:40 Uhr war ich zurück am Parkplatz. Enttäuscht, nicht oben gewesen zu sein und gleichzeitig zufrieden, es immerhin ernsthaft probiert zu haben. Heute war ja wirklich alles dabei gewesen, was eine Skitour mühsam macht: Lange Tragestrecke, viel Spurarbeit, Batzschnee und Anstollen, Gegensteigung. Dazu sehr schlechte Bedingungen am Grat. Und ein wenig hatte ich die Länge dieser Tour auch einfach unterschätzt. Tja, Piz Sesvenna, irgendwann komme ich bestimmt wieder. Entweder bei guten Winterverhältnissen oder im Sommer.

Daten zur Tour

  • Piz Sesvenna (3204m), Versuch über Südostgrat
  • SKT-Schwierigkeit PD (typischerweise, bei den aktuellen Bedingungen ist der Grat im Bereich II zu klettern)
  • 1700 Höhenmeter von Schlinig zum Gipfel und zurück

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

2 Kommentare

Rapha · 14. April 2023 um 6:40 pm

Hannes, danke für die toll beschriebenen und spannenden Toureneindrücke, die man hier immer wieder verfolgen kann. Freue mich auf weitere Berichte.

Lg Rapha

    Hannes · 15. April 2023 um 5:34 am

    Danke Rapha – freut mich, dass Dir meine Berichte gefallen. Anscheinend auch, wenn die Tour mal nicht so läuft wie erhofft…

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert