Skitour in der Goldberggruppe am 05.05.2024
Manchmal soll es einfach sein. Topfit fühlte ich mich am Tag vor der Tour eher nicht. Und auch die Nacht im Bus war nur so mäßig. LVS-Kopfkino – es gibt entspannenderes. Trotzdem stand ich schließlich bei herrlichem Wetter am Gipfel des Hocharn.
Die Skitour über seine Ostflanke auf ist zwar der kürzeste Anstieg auf den Hocharn, aber immer noch ganz schön lang. Und konditionell auch deswegen fordernd, weil durchgehend steil. Dazu kommt, dass man nicht zu spät dran sein sollte, weil die Sonne hier früh den Schnee aufweicht.
Ich wusste also, dass ich früh starten musste. Kurz vor vier machte ich mich dementsprechend am Parkplatz Lenzanger auf ca. 1550 m auf den Weg. Stockdunkel war es, als ich mit Ski am Rucksack losging, und nur die Stirnlampe wies mir den Weg die Straße hinauf.
Nach einer Viertelstunde erreichte ich den flachen Talschluss des Hüttwinkltals und rechts von mir tat sich ein weiter, flacher Schwemmkegel auf. Darüber erhob sich die beeindruckende Silhouette des Hohen Sonnblicks. Dort musste ich hin. Über eine Brücke überquerte ich die Hüttwinklache und erreicht den Schwemmkegel. Da ich dort keinen Weg erkennen konnte, wanderte ich quer durchs weglose Blockgelände, dem unteren Ende der Lacheggklamm entgegen. Das war recht mühsam und eventuell wäre es rechts um den Schwemmkegel herum besser gegangen.
Um fünf hatte ich den Fuß der Steilstufe erreicht, die den Talkessel abschließt. Dort fand ich Fußspuren, denen ich bis zu einer Rinne folgen konnte, über die man diese Stufe überwindet. Ab hier konnte es nun auf Ski, mit Harscheisen und ohne Stirnlampe weitergehen.
Recht frischen Skispuren folgend stieg ich durch die Rinne und linker Hand einen steilen Hang hinauf zu einem kleinen Plateau, das sich zu Füßen von Sonnblick und Hocharn erstreckt. Kurz darauf erglühten deren Gipfel rosa-golden im ersten Sonnenlicht. Perfektes Timing, um diesen Augenblick zu erleben.
Außer mir schien in dieser grandiosen Bergwelt niemand unterwegs zu sein. Das erstaunte mich an einem so prächtigen Tag. Aber aufhalten lassen wollte ich mich davon natürlich nicht.
Weiter folgte ich der Spur in Kehren eine Rampe hinauf, über die man den oberen Teil der Lacheggklamm umgeht. Oben angekommen lag vor mir eine kleine Senke mit einem unter dem Schnee verborgenen See. Dahinter lag die gewaltige, 1000 m hohe Ostflanke des Hocharn mit dem kleinen, unscheinbaren Gipfel obenauf.
Und jetzt sah ich auch endlich andere Menschen. Zwei Tourengeher spurten gerade auf etwa ein Drittel Höhe durch die Flanke. War ich also doch nicht alleine hier! Das sollte sich noch als Glück erweisen, denn in der oberen Hälfte war der Firn von Neuschnee bedeckt. Und wenn die beiden, die – wie ich später erfuhr – am See biwakiert hatten, nicht gespurt hätten, hätte ich es wahrscheinlich nicht bis zum Gipfel geschafft.
Ich nahm nun erst einmal die Harscheisen von den Ski, rutschte zum See hinab und begann dann den langen Aufstieg durch die Flanke. Die Sonne erwärmte den Firn bereits, taute ihn ganz leicht an. So konnte ich den schwachen Spuren meiner Vorgänger problemlos folgen.
Lang ist der Aufstieg durch die Gipfelflanke. Lang und anhaltend steil. Während ich die Anstrengung merkte und mein Tempo ein wenig drosseln musste, kam von unten ein ganz Schneller. Scheinbar mühelos legte er eine unverschämt steile Spur in den Hang und überholte mich bald. Danach halt weiter Kehre um Kehre hinauf. Die Aussicht wurde immer besser und das Wetter war ohnehin prächtig. Schön, heute hier sein.
Schließlich wandte sich die Spur aus dem Zickzack heraus deutlich nach links in etwas flacheres Gelände. Ein Zeichen dafür, dass ich mich dem Gipfel näherte. Und tatsächlich, nach den nächsten paar Spitzkehren sah ich endlich den höchsten Punkt des Hocharn – erstaunlich nah – wieder vor mir.
Der ganz Schnelle machte sich gerade bereit zum Abfahren, die beiden Biwakierer waren auf den letzten Metern zum Gipfel. Knapp 100 Höhenmeter musste ich mich noch zum Skidepot schinden, dann stieg ich die letzten Meter zu Fuß auf den Gipfel. Geschafft! Fertig, aber oben. Schön war das hier, aber meine Taktik, auf so langen Touren bis zum Gipfel quasi keine Pause zu machen und nur einen Riegel zu essen, sollte ich noch mal überdenken.
Die beiden Biwakierer und ich unterhielten uns kurz, bevor sich die beiden an die Abfahrt machten. Dann saß ich alleine auf dem Gipfel des Hocharn (3254 m), diesem Parade-Skiberg, der an manchen Tagen von 250 Tourengehern besucht wird. Man muss eben auch mal Glück haben.
Die Aussicht war eindrucksvoll. Hinter dem winterlichen Großglockner waren die Gipfel von Wolken verhüllt, doch Petzeck, Hochschober, Große Sandspitze, Mölltaler Polinik und Hochalmspitze erhoben sich deutlich sichtbar aus den bewölkten Tälern. Nach Norden war der Blick frei auf Watzmann, Hochkönig und Dachstein. Ein herrliches Panorama.
Nachdem ich diese Aussicht genossen und auch fotografiert hatte und nachdem ich mich ein wenig gestärkt hatte, machte ich mich an den Abstieg. Ich war später dran als erhofft und würde erst halb elf die Abfahrt beginnen.
Es ging dann besser als erwartet. Die ersten etwa 200 Höhenmeter waren sogar noch pulvrig, dann folgte stark aufgeweichter Firn. Der war zwar schon recht wässrig, ließ sich aber noch ordentlich fahren.
Hatte ich mich bislang als letzten Gipfelbesucher des Tages gewähnt, war ich nun sehr erstaunt, noch weitere Skifreunde zu treffen, die sich im Aufstieg befanden, teils sogar noch recht weit unten. So gesehen war ich also doch nicht spät dran.
In weiten Schwüngen surfte ich den Hang hinab. An dessen Fuß folgte ich anderen Abfahrtsspuren durch einen kleinen Kessel direkt in den oberen Teil der Lacheggklamm hinein. Mit nur drei Kraxelmetern ließ sich diese auf der anderen Seite verlassen und weiter ging die Skifahrt.
Nach ca. 1500 Abfahrtshöhenmetern in durchgehend perfekter Neigung stieg ich schließlich von den Brettern. Was für ein grandioser Skiberg! Zu Fuß wanderte ich zurück zur Straße und setzte mich in die Wiese, die Aussicht auf den Sonnblick genießend. Dann über die Straße zurück zum Parkplatz, an dem diese großartige Tour halb eins endete. Einfach super, wie es heute gepasst hatte.
Daten zur Tour
- Hocharn (3254 m), Ostflanke
- SKT-Schwierigkeit AD-
- 1750 Höhenmeter ab Lenzanger
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