Bergtour in den Allgäuer Alpen am 07.06.2025
Rossberg und Brentenjoch wollte ich schon länger mal besuchen. Als spontane Zugabe bestieg ich noch den Aggenstein. Und das alles bei sehr wechselhaftem Wetter.
Noch beim Frühstück setzte draußen der Regen ein. Und sah nicht so aus, als würde er bald aufhören, was ein Blick in die Vorhersage bestätigte. Immerhin sollte es später besser werden. Also trank ich noch einen Kaffee mit meiner Frau und baute mit meinem Sohn ein Lego-Auto um, bevor ich mich dann doch noch auf den Weg machte. So oft gehen sich Bergtage schließlich nicht mehr aus, da hat meine Wettertoleranz wieder zugenommen.
Der Wetterbericht für diesen Tag war durchaus vielversprechend. Also in dem Sinne, dass sehr viel unterschiedliches Wetter versprochen wurde: „Tagsüber wechseln Sonne und Wolken, Schauer treten vielfach und teils mit mäßiger Intensität auf. […] Sicht überwiegend passabel, phasenweise lokal schlecht. Gewitterrisiko meist gering, örtlich möglich.“ Viel ungenauer geht es kaum.
Durch zunächst anhaltenden Regen fuhr ich Richtung Ostallgäu. Doch irgendwann nahm er ab, hörte sogar auf. Und als ich zum ersten Mal freie Sicht auf die Berge hatte, stellte ich fest, dass mein Timing perfekt war. Der Regen zog nach Osten ins Ammergebirge ab und die Pfrontener Berge waren bereits niederschlagsfrei. Würde ich heute etwa trocken bleiben?
Als ich bald darauf, kurz vor 10:00 Uhr, das Auto an der Talstation der Breitenbergbahn abstellte, hatte ich mein Ziel bereits vor Augen. Die breite Nordflanke von Rossberg und Brentenjoch wird von mehreren markanten Rinnen durchzogen. Und durch die Zweite von links (also von Osten) wollte ich heute aufsteigen.
Um dorthin zu gelangen, wanderte ich zunächst durch die hübsche Reichenbachklamm. Vorbei an einigen kleinen Wasserfällen und über nette Schluchtpassagen näherte ich mich hier allmählich dem Berg. Als ich oben wieder aus der Klamm und aus dem Wald trat, hatte leider schon wieder leichter Regen eingesetzt. Tja, war nichts mit trocken bleiben. Aber zum Glück hatte ich ja eine Jacke dabei.
In Sommerregen-Montur – Regenjacke, Shorts, Laufschuhe – wanderte ich über einige undeutliche Wirtschaftswege zum Rossbergplatz, einer idyllischen Lichtung direkt unterhalb des Brentenjochs. Von hier aus wanderte ich über eine Blockhalde weiter zum Fuß „meiner“ Rinne. In diesem Bereich konnte ich überraschend deutlichen Pfadspuren folgen, die sich später in der Rinne allerdings verloren. Daher halte ich es auch für irreführend, dass dieser Anstieg in der OpenStreetMap eingezeichnet ist. Einen durchgehenden Weg gibt es hier nicht.
In der Rinne folgte ich zunächst Pfadsupren auf der orografisch linken Seite, bis diese zum Bach in der Mitte der Rinne führten und diesen kreuzten. Auf dessen anderer Seite konnte ich keine eindeutigen Spuren mehr ausmachen und erstieg daher einige Felsstufen direkt gegenüber (I), die mich nach oben zu einer felsigen Rinne zwischen zwei Latschenfeldern führten.
Nach dieser Rinne öffnete sich das Gelände bereits wieder, allerdings lag noch eine Engstelle vor mir. In diese querte ich über ein schmales Felsband (T5) bis zu einem geneigten plattigen Wandl. Die Kletterei hier fühlte sich doch deutlich mehr nach II als I an und war bei der Nässe unangenehm. Es wäre wohl deutlich leichter gegangen, wenn ich bereits vor dem schmalen Felsband links über Schrofen aufgestiegen wäre. Aber auch so erreichte ich den steilen Wiesen- und Latschenhang, der von hier aus zum Kamm führt.







Oben hielt ich mich ein wenig links und erreichte bald den Pfad, der zum Rossberg führt. 12:15 Uhr stand ich an dessen Gipfelkreuz (1946 m) und konnte mich bei Regen und einem unangenehm kalten Wind über die erfolgreiche Rinnenbegehung freuen. Obwohl das Wetter nicht allzu einladend war, setzte ich mich kurz und aß meine mitgebrachte Käsesemmel. Ich hatte einfach richtig Hunger.
Immerhin ließ der Regen bald nach und ich bekam etwas Aussicht. Hinter der Säuling war es noch richtig finster, Kellenspitze und Gimpel waren dagegen schon weitgehend wolkenfrei. Und auch die Leilachspitze zeigt sich bereits durch den Dunst. Und irgendwie hat diese wechselhafte Wolkenstimmung auch etwas.
Da der kalte Wind im Gegensatz zum Regen keine Anzeichen des Nachlassens machte, brach ich bald wieder auf, um zum Brentenjoch hinüberzuwandern. Der Pfad dorthin ist deutlich (T4) und führt als einzigem Hindernis über einen breiten, klotzigen Gratturm (I). Und dann war ich auch schon auf dem Brentenjoch (2000 m). Da hier kaum Wind wehte, setzte ich mich gerne auf die Gipfelbank und ließ den Blick über die Allgäuer Gipfelwelt schweifen.






Nach dieser zweiten Gipfelrast setzte ich meine Wanderung zur Bad Kissinger Hütte fort. Der direkte Abstieg vom Brentenjoch zum Sattel Böser Tritt (1750 m) ist abschnittsweise etwas rustikal (T4), dafür aussichtsreich und eben sehr direkt. Vom Sattel aus war es dann nur noch ein Katzensprung zur Bad Kissinger Hütte (1792 m), wo bereits Kaffee und Kuchen auf Verzehr warteten. Mittlerweile hatte der Regen ganz aufgehört, sodass ich mich auf die Terrasse setzen und mir sogar für einen kurzen Augenblick die Sonne ins Gesicht scheinen lassen konnte. Oh, schönes Bergsteigerleben!
Da das Wetter mittlerweile ziemlich freundlich war, wollte ich noch weiter zum Aggenstein gehen. Unterwegs fiel mir auf, dass die Felsen schon wieder trocken waren. Jetzt ein wenig klettern, dachte ich, das wäre schön. Aber Moment, gab es am Aggenstein nicht eine sehr einfache Kletterroute, die ich vielleicht auch seilfrei angehen könnte? Und tatsächlich. Aggenstein SO-Grat, zwei Stellen III-, sonst leichter. Das wäre doch was.
Also wanderte ich zum Einstieg des SO-Grates und sah mir die Sache an. Durchaus einladend schaute das aus, im oberen Bereich nicht vollkommen trivial, aber auch noch gut machbar. Also los!
Die erste III- -Stelle lag direkt am Einstieg und war sehr großgriffig und -trittig, was perfekt war, um den Dreck von den Schuhen zu bekommen. Dann wurde es leichter, bis zu einer grasigen Scharte. Hier steilt die Kante auf und wird wieder etwas anspruchsvoller (II+). Kurz darauf erreichte ich die obere III- -Stelle, die etwas technischer ist als die untere. Mit Turnschuhen fand ich das nicht ganz optimal, aber es ging schon noch sehr sicher. Danach stellten sich mir bis zum Südgipfel keine Hindernisse mehr in den Weg.
Und natürlich war es schön, wieder zum Klettergipfel des Aggensteins zu gelangen, so wie beim letzten Mal über die Kemptner Kante auch. Die wenigen Meter zum Hauptgipfel (auch noch mal eine Stelle III-) hatte ich auch schnell hinter mich gebracht und stand 14:30 Uhr am dritten Gipfel des Tages (1986 m).
Lange blieb ich nicht dort oben, denn im Alpenvorland sah es nach Wetterverschlechterung aus. Also stieg ich zügig auf der Nordseite ab und ging weiter zur Bergstation der Hochalpbahn und über den Forstweg hinunter zur Bergstation der Breitenbergbahn. Kurz war ich versucht, den weiteren Abstieg per Bahn zurückzulegen, dann überwog aber doch der Stolz. Also weiter Fuß.




Bald begann es zu nieseln. Und ich konnte bereits sehen, dass aus Nordwest intensiver Niederschlag heranzog. Ui, da würde ich ordentlich was abbekommen. Also lief ich zügig weiter talwärts, gewissermaßen im Autopilot erst über einen Wanderweg, dann eine ebenso reiz- wie schwierigkeitslose Forststraße.
Und dann kam der Regen. Die vom Wetterbericht in Aussicht gestellte „mittlere Intensität“ übertraf dieser Schauer nach meinem Empfinden deutlich. Und stellte damit eines der wenigen Wetterphänomene dar, die nicht vorhergesagt waren. Bonuswetter sozusagen. Meine Jacke hielt stand, doch Hose und Schuhe waren bald vollkommen durchnässt.
Zum Glück war es nicht mehr weit bis zum Parkplatz, sodass Auskühlung kein Problem war. Trotzdem war ich sehr froh, als ich mich 16:15 Uhr ins Auto setzte und erst einmal die Sitzheizung voll aufdrehte. Dann fuhr ich durch den anhaltenden Regen zurück nach Hause. Hatte ich heute zwischendurch wirklich eine gar nicht so leichte Bergtour gemacht? Erstaunlich.
Daten zur Tour
- Rossberg 2. Rinne, Brentenjoch (2000 m), Aggenstein SO-Grat
- Schwierigkeit T5, I (Rossberg 2. Rinne) und III- (Aggenstein SO-Grat)
- 1600 Höhenmeter
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