Wanderung in den Niederen Tauern am 18.08.2023

Familienurlaub im Murtal (Steiermark). Da bietet sich ein Ausflug in die Niederen Tauern an. Und so nutzte ich meinen freien Papa-Tag für eine großzügige Überschreitung vom Sölkpass über die Rettlkirchspitze nach Feistritz.

Schon morgens in Murau stieg die Vorfreude. Die Bäckerin, die mir mein Frühstück verkaufte, kannte meine geplante Strecke und meinte, dass sie sehr schön sei. Na, das klang doch gut. Dank einer guten Busverbindung stand ich dann kurz vor halb neun am Sölkpass (1788m). Erst mal das Frühstück verdrücken und dann 08:40 Uhr los.

Direkt von der Passhöhe führt ein markierter Weg zur Hornfeldspitze, dem ersten Gipfel der Tour. Schon auf den ersten steilen Metern merkte ich, dass ich heute nicht so richtig fit war. Tja, da würde ich mich wohl später etwas schinden müssen. Denn gemütlich gehen war heute auch keine Option, schließlich wollte ich halb vier in Feistritz in den Bus steigen. 

Nach dem ersten Aufschwung ging es um eine Kurve, wo sich die typische Landschaft der Niederen Tauern öffnete: Hinter einem weiter Kar standen grüne Gipfel mit felsigen Sprenkeln. Ich mag diese Mischung aus Weite und Schroffheit, wie man sie hier findet. Bald hatte ich auch eine gute Aussicht auf die Berge jenseits des Sölkpasses. Dort, am Schöderkogel war vor zwölf Jahren mein letzter Besuch in den Niederen Tauern.

Nach 45min erreichte ich die Hornfeldspitze (2277m), die bereits mit einer schönen Aussicht aufwartete. Auch mein Hauptziel, die Rettlkirchspitze, konnte ich nun zum ersten Mal sehen. Puh, bis dort sah es noch ganz schön weit aus. Aber ich machte mir damit Mut, dass die dunstige Luft die Entfernung wahrscheinlich größer erscheinen ließ, als sie tatsächlich war. Schnell trug ich mich noch ins Gipfelbuch ein, dann machte ich mich an den unmarkierten Teil der Überschreitung.

Deutlichen Steigspuren folgend wandte ich mich nach Süden und wanderte über den feuchten Wiesengrat dem Aarfeldspitz zu. Herrlich, dieses entspannte, aussichtsreiche Wandern abseits angelegter Wege! Am kleinen Gipfel (2284m) angekommen nahm ich den anspruchsvollsten Teil des Tages, den Übergang zum Hochstubofen, in Augenschein. Hier ist der Grat felsig und schroff. 

Schnell hatte ich den besten westseitigen Abstieg – etwas links vom Grat – ausgemacht und begab mich auf den Weg. Da Alles noch nass war und der flechtenbewachsene Fels ziemlich rutschig, stieg ich vorsichtig ab. Die Laufschuhe waren sicher nicht ganz optimal dafür, aber es ging schon. 

Anschließend folgte ein horizontaler Gratabschnitt. Dessen schwierigste Passagen konnte ich nordseitig umgehen (Pfadspuren), trotzdem galt es, hin und wieder Hand anzulegen. Unterhaltsam war dieser Abschnitt und macht bei trockenem Fels sicher noch mehr Spaß.

Schließlich steilte der Grat auf und wurde leichter. Danach war es dann nur noch ein Spaziergang zu einem namenlosen Zwischengipfel (ca. 2230m). Damit hatte ich den anspruchsvollsten Abschnitt der Tour bereits hinter mir. Über leichte Wiesenhänge erreichte ich den markierten Weg zum Hochstubofen und kurz darauf auch dessen Gipfel (2385m). 

Auch hier blieb ich nicht lange, lag doch noch einiges vor mir. Ein Schluck Wasser, ein kurzes Innehalten, ein Blick ins Gipfelbuch, dann ging es weiter. Auf dem Weg zur Rocklscharte überholte ich eine Dreiergruppe, mit der ich ein paar Worte wechselte.

Anschließend ging es an die (vermeintlich) letzte weglose Passage des Tages. Über den meist breiten Nordgrat stieg ich zur Rettlkirchspitze auf. Während ich höher stieg, zogen immer wieder Wolken zwischen den Bergen hindurch und sorgten für ständig wechselnde Stimmungen. Schön war das heute hier, zumal die Schauergefahr noch gering zu sein schien. 

Noch einmal kamen mir drei Bergfreunde entgegen, dann erreichte ich gegen 11:45 Uhr den Gipfel der Rettlkirchspitze (2475m). Der höchste Gipfel der Rottenmanner und Wölzer Tauern bietet in drei Richtungen einen umfassenden Ausblick, besonders nach Osten über zahlreiche Grasberge mit felsigen Kronen, wie sie für die Tauern so typisch sind. Und nach Westen verbargen heute dichte Wolken die Tatsache, dass direkt jenseits des Sölkpasses schon wieder höhere Berge stehen. 

Hier machte ich nun auch eine richtige Pause und genoss die Tauernszenerie um mich herum. Anschließend machte ich mich an den Abstieg, der mich noch über drei weitere Gipfel führen sollte.

Nun wieder Markierungen folgend stieg ich in die Funklscharte ab und wieder hinauf zum Straßeck (2390m). Mittlerweile machten mir Anstiege richtig Mühe – ich war wirklich nicht fit. Weiter ging es über schönes Wiesengelände zum 2474m hohen Greim, dem beliebtesten Berg der Runde, der heute jedoch ganz einsam dastand. Noch einmal Aussicht genießen, einen Schluck trinken und dann wieder los. 2h20’ hatte ich noch, bis ich in Feistritz in den Bus steigen wollte. Das sollte sich doch ausgehen?!

Weite Almhänge tun sich auf der Südseite des Greim auf und ich wanderte bald an Kühen und Pferden vorbei. Der Sandkogel (2214m) bildete dann den letzten, kaum markanten Gipfel. Danach ging es nur noch bergab. Ich folgte Markierungen über weitere Almflächen hinab. Zwischendurch ergaben sich noch einmal interessante Rückblicke auf die Rettlkirchspitze. Danach packte ich die Kamera weg, um Zeit zu sparen. 

Die Alm endete, die Abstände zwischen den Markierungen wurden weiter, eine Wegspur war nicht zu erkennen. Im Eilschritt lief ich hinab, bis ich den Waldrand erreichte, wo sich bald auch die Markierungen verloren. Nur durch Glück (oder etwa untrügliches Gespür?) fand ich sie schließlich wieder und damit auch den Überstieg über den nächsten stacheldrahtbewehrten Weidezaun.

Der Abstieg nach Feistritz war auch in der Folge weder ausgeschildert noch markiert. Dafür wurde die Zeit knapper. Flache Forstwege im Laufschritt nehmend suchte ich mir mit Hilfe der Karte auf dem Telefon meinen Weg. Nahbegegnungen mit schienbeintiefem Morast, mit einem weiteren Stachelrahtzaun und mit zwei Kuhherden ließen sich nicht vermeiden, dann erreichte ich endlich Feistritz. Mit den Stecken in der Hand lief ich die Straße hinab, fühlte mich halb wie ein Ultraläufer kurz vor dem Ziel, erinnerte mich daran, dass es doch nur 20km bis hierher gewesen waren, und erreichte wieder halbwegs bescheiden die Bushaltestelle. 15:22 Uhr. Noch 12 Minuten bis zum Bus. Yupp, das hatte geklappt. Dafür, dass ich heute nicht recht fit war, hatte ich den Abstieg doch ordentlich durchgepowert. 

Der Bus kam dann genau pünktlich. Zufrieden und erschöpft stieg ich ein nach einem weiteren schönen Tag im Gebirge. 

Daten zur Tour

  • Rettlkirchspitze (2475m), Überschreitung vom Sölkpass nach Feistritz
  • Schwierigkeit T4, I
  • 1350 Höhenmeter (und 2300 Höhenmeter im Abstieg)

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

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