Bergtour im Karwendel am 03.09.2016

Es war mal wieder Zeit für eine richtige Karwendeltour. Dieses Mal suchte ich mir die mir bis dato noch unbekannte Falkengruppe aus, genauer gesagt den Risser Falk. Einsamkeit sei hier garantiert, dachte ich. Letztendlich traf ich deutlich mehr Bergfreunde als erwartet oder erhofft, alle Begegnungen stellten sich aber als angenehm und zwei davon auch als sehr hilfreich heraus. Manchmal ist es gar nicht so schlecht, nicht ganz einsam unterwegs zu sein…

Los ging’s zehn vor acht bei der Mautstelle im Rißtal. Von hier aus stand mein Hauptziel für den Tag, der Risser Falk, gleich prominent im Blickfeld. Ich hatte gehörigen Respekt vor dieser Tour, der durch den Anblick der steilen Westwand nicht eben kleiner wurde. Gleichzeitig war aber auch die Vorfreude gewaltig, dieser abweisenden Felsbastion einmal auf den Zahn zu fühlen.

Da steht er schon und wartet, der Risser Falk.

Da steht er schon und wartet, der Risser Falk.

Über dem Johannestal thronen die Moserkarspitzen.

Über dem Johannestal thronen die Moserkarspitzen.

Über die Straße und einige Forstwege wanderte ich gemütlich zum Bach, der aus dem Falkenkar fließt. Und diesem folgend fand ich auch den Steig, der ins Kar hinauf führt. Hier sollte man sich unbedingt die Zeit nehmen, den richtigen Steig zu finden, denn wer die folgenden latschenverpesteten Steilstufen weglos bezwingen muss, ist ein armes Schwein.

Das Falkenkar von unten

Das Falkenkar von unten

Einmal gefunden, ist der Steig recht leicht zu verfolgen. Ab etwa 1650m wird das Gelände allmählich flacher und die Latschen weniger dicht. Es öffnet sich ein wirklich schönes Kar, eingerahmt von beeindruckend steilen und kompakten Wänden. Am Übergang vom unteren zum oberen Falkenkar war ich dann erstaunt, vor mir zwei weitere Bergsteiger zu sehen. War es also doch nicht so einsam hier.

Dieser kleine Kollege schien sich im feuchten Gras pudelwohl zu fühlen.

Dieser kleine Kollege schien sich im feuchten Gras pudelwohl zu fühlen.

Die Nordwestwand des Laliderer Falks sieht extrem steil und kompakt aus.

Die Nordwestwand des Laliderer Falks sieht extrem steil und kompakt aus.

In der Folge ging es über nach oben hin immer unangenehmer werdendes Geröll durch eine Engstelle und anschließend von Süden auf Westen schwenkend weiter hinauf in den hintersten Winkel des Kares. Hier stieg ich eine schrofige Flanke nach Norden hinauf zu einer kleinen Scharte, an der ich die anderen beiden Bergsteiger – den erfahrenen Karwendelkenner Bernhard und seinen ebenfalls sehr karwendeltüchtigen Sohn Jakob – einholte. Die Querung hinüber zur Grüne-Rinn-Scharte konnten wir also gemeinsam angehen. Diese ist sehr ausgesetzt, aber nicht ganz so gruselig, wie ich befürchtet hatte. Klar, so wie es rechts hinunterpfeift, wäre mir solider Fels schon lieber gewesen als feuchte Gras- und Erdtritte. Aber immerhin sind diese recht breit, dazu kann man sich links ganz gut festhalten. Wer in ausgesetztem T5-Gelände allerdings nicht geübt ist, hat hier eher nix verloren.

Zustieg Risser Falk

Allmählich kann man wieder etwas weiter sehen als nur bis zur nächsten Felswand.

Aufstieg Risser Falk

Hier geht’s hoch zur ersten Scharte.

In dieser Querung sollte jeder Schritt sitzen.

In dieser Querung sollte jeder Schritt sitzen.

An der Scharte trennten wir uns zunächst wieder und ich ging den Weiterweg über den Südostgrat zum Risser Falk an. Der Fels hier ist meist herrlich fest und ich kam mir ein paar Mal etwas blöd vor, wenn ich mal wieder ohne Nachzudenken einen offensichtlich angewachsenen Griff auf Haltbarkeit prüfte. So etwas gewöhnt man sich eben an auf Karwendeltouren (was nicht das Schlechteste ist). Eine Rinne, an der man oben an einem Block rechts vorbeiklettert (II+) ist dann auch tatsächlich im unteren Bereich etwas splittrig, ansonsten war das hier der pure Klettergenuß.

Aufstieg Risser Falk

Von der Grüne-Rinn-Scharte geht es zunächst im Gehgelände weiter.

Der Laliderer Falk gibt ein bisschen an.

Der Laliderer Falk gibt ein bisschen an.

Kletterei Risser Falk

Hier geht es hoch (rechts herum).

Nach einer kurzen Gratschneiden-Balancier-Stelle traf ich in einer Scharte einen anderen Alleingänger, der über den Grat vom Laliderer  Falk herübergekommen war und mit dem ich ein paar Infos austauschte, bevor ich meinen Weg durch die Ostflanke zum Gipfel fortsetzte (meist bis I, zwischendurch II). Pünktlich zur Mittags-Brotzeit stand ich am höchsten Punkt (2413m) und konnte die wirklich herrliche Aussicht genießen.

Aufstieg Risser Falk

Eine kurze Balancierstelle am Grat sorgt für Spannung.

Vom Gipfel hat man einen herrlichen Blicks ins Herz des Karwendels.

Vom Gipfel hat man einen herrlichen Blicks ins Herz des Karwendels.

Kurz darauf kamen auch Bernhard und Jakob herauf, mit denen ich eine interessante Unterhaltung über das Karwendel sowie generationenübergreifendes Bergsteigen führen konnte. Nach einer halben Stunde wurde es allerdings Zeit zu gehen, ich hatte schließlich noch einiges vor mir. Der Abstieg war dabei meist unproblematisch, nur die Rinne erforderte erhöhte Konzentration, zumal einer der Tritte dort bei Belastung die Flucht nach unten antrat. Ich war ihm wohl zu schwer. Da hatte sich die Angewohnheit der vorsichtigen Felsbelastung also doch noch gelohnt. Erst deutlich später bemerkte ich, dass ich mein Brillenetui samt Brille am Gipfel vergessen hatte. Zu meinem Glück waren meine beiden neuen Bekannten so nett, dieses mitzunehmen und mich im Nachgang im Internet ausfindig zu machen (da hat sich doch auch dieser Blog mal gelohnt!), so dass ich mittlerweile beides wieder habe. Vielen Dank nochmals an dieser Stelle!

Abstieg Risser Falk

Hier geht es jetzt wieder zurück.

Von der Grüne-Rinn-Scharte folgte ich Steinmännern und ausgeblichenen Markierungen über mehrere Rippen und viel unangenehmes Geröll hinüber zum Talelekirchkar, wo ich schon den nächsten beiden Risser Falk-Anwärtern begegnete, die von der Falkenhütte hergekommen waren. Hier war es ja heute unerhört belebt. Der reinste Modegipfel!

Nach einem kurzen Gespräch ging ich weiter zum Verbindungsgrat zur Steinspitze (auch Steinfalk). Hier drehte ich aber noch einmal um, um den Gratkopf P2317 zu besteigen, von dem aus man einen guten Blick auf den Verbindungsgrat zum Laliderer Falk hat. Hinüber gehen wollte ich heute nicht mehr, wohl aber das Gelände inspizieren. Oben traf ich Bernhard II., Georg und Jan, die – nachdem sie den Weg zum Risser Falk nicht recht gefunden hatten – den Gratkopf zum Ersatzgipfel auserkoren und bereits mit einem selbst gebastelten Gipfelkreuz geschmückt hatten. Schnell kam ich auch mit diesen drei sympathischen Bergfreunden ins Gespräch, die mir anboten, mich später aus der Eng mit dem Auto bis zur Mautstelle mitzunehmen. Da ich dadurch eine ganze Menge Talhatscherei einsparen würde, nahm ich dieses Angebot sehr gerne an.

Hausgemachtes Gipfelkreuz am P2317

Hausgemachtes Gipfelkreuz am P2317

Der Verbindungsgrat zum Steinfalk ist nicht besonders lang.

Der Verbindungsgrat zum Steinfalk ist nicht besonders lang.

Nach einer kurzen Pause ging es am Grat entlang und dann den Steinmännern durch eine Lücke im Felsband am Westgrat folgend weiter zum Steinfalk (2347m). Noch einmal Gipfelpause, dabei die beeindruckenden Laliderer Wände stets im Blick. Die Herzogkante springt als logischste Linie gleich ins Auge, doch auch in den scheinbar unnahbaren Wandfluchten daneben haben schon früh die großen Pioniere Dibona, Herzog, Schmid, Rebitsch etc. Durchstiege erschlossen. Chapeau! Man muss wohl psychisch aus einem besonderen Holz geschnitzt sein, um an einem solch abweisenden Wandfuß ins Ungewisse zu starten.

Auch zwei Steinböcke bekamen wir zu Gesicht.

Auch zwei Steinböcke bekamen wir zu Gesicht.

Der Steinfalk bietet einen schöne Aussicht.

Der Steinfalk bietet einen schöne Aussicht.

Die düsteren Laliderer Wände

Die düsteren Laliderer Wände

Den weglosen Teil der Falkendurchquerung hatte ich nun hinter mir und so war der Abstieg vom Steinfalk problemos. Jan und ich setzten uns ein wenig ab, so dass ich mir noch die Zeit nahm, auch den Mahnkopf zu besteigen. Den günstigsten Abzweig hatte ich leider verpasst und musste so doch noch einmal 200 Hm über Bergwiesen aufsteigen, um den 2094m hohen Gipfel zu erreichen.

Der letzte Tagesgipfel ist fast erreicht.

Der letzte Tagesgipfel ist fast erreicht.

Rückblick in die Falkengruppe

Rückblick in die Falkengruppe

Schließlich war auch das geschafft und ich machte mich schnell auf den südseitigen Abstieg, um die Anderen auf der Terrasse der Falkenhütte wiederzutreffen. Dort gab es noch einmal eine kleine Stärkung, bevor wir uns daran machten, über das Hohljoch zur Eng zu wandern. Hier stand zwar noch einmal eine Gegensteigung an, dafür sparte ich mir den langen Hatscher durchs Johannestal. Auch meinen drei Mitnehmern noch einmal vielen Dank!

Blick hinab ins Laliderer Tal

Blick hinab ins Laliderer Tal

Abend über dem Spielissjoch

Abend über dem Spielissjoch

Ab dem Hohljoch ging es dann endlich nur noch bergab. Wurde auch Zeit nach 2000 Aufstiegshöhenmetern. Über den Wanderweg ging es entspannt zurück ins Tal, wo wir gegen 20:30 Uhr das Auto erreichten. Es ging mal wieder ein gut genutzter und auch sonst sehr schöner Karwendeltag zu Ende.

Daten zur Tour

  • Risser Falk (2413m) aus dem Falkenkar und weiter zum Spielissjoch
  • Schwierigkeit T5, II
  • 2000 Höhenmeter
  • Erstbestiegen 1870 durch Hermann von Barth

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

8 Kommentare

Mark · 11. September 2016 um 11:43 am

Hattest du ursprünglich geplant durchs Johannestal abzusteigen? Der Rückweg über die Eng bis zur Mautstelle wäre ewig weit. Aber auch mit Autounterstützung ist es noch eine sehr lange Tour.

Was sagst du zur Herzogkante? Und zum Jahreserstbesteiger des Steinfalks? 😀

    Hannes · 11. September 2016 um 3:25 pm

    Servus Mark,

    wenn ich nicht unverhofft eine Mitfahrgelegenheit gefunden hätte, wäre ich durchs Johannestal abgestiegen, ja.

    Die Herzogkante sieht faszinierend aus. Wirklich toll – aber wohl eine Nummer zu groß für mich. Der Grubenkarpfeiler wäre evtl. eher was.

    Leider habe ich mir das Gipfelbuch des Steinfalks nicht so genau angeschaut. War Jahreserster jemand, den ich kenne? Du am Ende?

    Schöne Grüße
    Hannes

Mark · 11. September 2016 um 5:43 pm

Es hat mich etwas gewundert, dass ich Mitte Juni der erste war, zumal ich schon leichte Schuhe genutzt habe. Allerdings musste ich an einem Schneefeld etwas tricksen und mich durch die Randkluft quetschen.

    Hannes · 12. September 2016 um 9:53 am

    Aha! Na dann Glückwunsch zu Jahreserstbesteigung! 🙂

Rebecca · 12. September 2016 um 10:13 am

Ich finde es immer wieder erstaunlich, was man für nette Bekanntschaften in den Bergen machen kann – selbst wenn es nur für den Moment ist. Das ist für mich ein ganz wichtiger Bestandteil des Bergsteigens.

Liebe Grüße

Rebecca

P.S.: Die Grasquerung sieht ja schon recht abenteuerlich aus; gut eingefangen!

    Hannes · 13. September 2016 um 6:55 am

    Hallo Rebecca,
    das ist auch ein Grund, warum ich immer wieder gerne allein unterwegs bin – man kommt noch besser mit Anderen ins Gespräch und ich habe so schon einige sehr schöne und interessante Bekanntschaften gemacht.

    Und ja, die Grasquerung ist nicht ohne – ich hatte sie nur noch schlimmer erwartet.

    Schöne Grüße
    Hannes

Donaujo · 19. September 2016 um 6:09 pm

Es nimmt der Wandrer im Karwendel;
Zwei Büschel mit vom schön‘ Lavendel.
Eins pflanzt er zu Beginn der Tour,
Eins wenn er wieder kommt retour.

Netter Bericht, schöne Grüße von Donaujo, der derzeit mehr klettert als in den ca. 27 Jahren zuvor – auf Spielplätzen.

Hannes · 20. September 2016 um 11:11 am

Der Lavendel gedeiht ganz wunderbar
Denn es ist ein Karwendel-Exemplar
So dient er bald als schöner Wegweiser
Für jeden, der gehet die Tour hinterher
Heißt’s: Immer dem Dufte nach, Wanderer!

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