Bergtour im Karwendel am 02.06.2019

Manchmal kommt es anders als man denkt. Und so überschritten wir an diesem Sonntag statt Latten- und Thaurer Jochspitze wegen Schneerutschgefahr (ja, im Juni) alternativ Thaurer und Hallter Zunterköpfe. Immerhin auch schön.

Kurz vor acht trafen sich Boris, Mark und ich am Thaurer Waldparkplatz, um zu dieser Tour in Marks Hausbergen aufzubrechen. Die hohe Schneelage sorgte nach wie vor für stark eingeschränkten Tourenmöglichkeiten. Doch die Überschreitung von Latten- und Thaurer Jochspitze könnte schon gehen, dachten wir.

Bei früh schon beachtlicher Hitze stiegen wir steil durch den Wald auf. Boris führte uns in die arkanen Geheimnisse der Singvögelbestimmung ein und so verging die Zeit wie im Flug. Bald erreichten wir die Thaurer Alm und stiegen flink wie die Blaumerlen weiter zum Törl. Unterwegs passierten wir auch die ersten Schneereste, die hier aber noch unkritisch waren.

Sommerwetter

Ein warmer Sommertag nimmt seinen Lauf.

Am Törl setzten wir uns dann erst mal hin. Ließen uns die Sonne uns Gesicht scheinen und genehmigten uns ein zweites Frühstück. Ein Distelfink ist schließlich kein Wanderfalke und braucht auch mal eine Pause.

Speckkarspitze und Bettelwürfe

Speckkarspitze und Bettelwürfe grüßen von der anderen Talseite.

Anschließend machten wir uns an die Überschreitung. Bald schon verschwand der Weg unter dem Schnee und wir mussten spuren. Das hielt uns jedoch nicht auf und wir erreichten schließlich die 2153m hohe Wildangerspitze. Der Blick voraus zeigte, dass der Weg zur Lattenspitze noch weit war. Das würde wohl noch mühsam werden.

Lafatscher und Rosskopf

An Lafatscher und Roßkopf herrscht noch Winter.

Inntal mit Habicht

Überm Inntal thront der Habicht.

Gipfelbank der Wildangerspitze

Die Gipfelbank der Wildangerspitze war die einzige, die wir unterwegs ungenutzt ließen.

Als nächstes standen die Drei Dutten an. Um dorthin zu gelangen, querten wir ein etwas steileres Schneefeld in der Südflanke. Und mussten dort feststellen, dass eine etwa 5cm dicke Schicht an der Oberfläche sehr instabil war. Immer wieder setzten wir Teile davon beim Auftreten in Bewegung und lösten dabei kleine, nasse Schneebretter aus, die zwar langsam, aber dafür sehr beharrlich talwärts rutschten. Das war nun nicht so schön und könnte in heiklem Gelände auch durchaus gefährlich werden.

Drei Dutten

Auf zu den Drei Dutten!

Schneequerung

Hier sieht der Schnee noch recht stabil aus.

Schrofengelände

Flink wie die Blaumerlen erklimmen wir diesen Hang.

Zunächst aber erkraxelten wir einen Rücken (I) und erreichten den Gipfel der Drei Dutten (2216m). Nun stellte sich die Frage Weitergehen oder nicht? Das allerletzte Stück zur Lattenspitze sah ziemlich steil aus, da wäre ein Schneerutsch gar nicht mal so toll. Also vielleicht lieber nicht und stattdessen zurück.

Lattenspitze

Das wäre sie gewesen, die Lattenspitze.

Also drehten wir um und nutzten den Rückweg zu zwei Erst-Berutschungen. Einer davon – wir rutschten hier quasi mit dem Schnee um die Wetter – nannten wir entsprechend Man vs Lawine. Die denglische Sprachmischung wählten wir dabei selbstverständlich in voller Absicht um einerseits die heimatliche Verwurzelung unseres alpinen Tuns und andererseits den internationalen Anspruch unserer Großtaten zu dokumentieren.

"Man vs Lawine" und Zunterköpfe

Unsere epochale Erstberutschung Man vs Lawine, dahinter die Zunterköpfe.

Entsprechend heldenhaft stiegen wir zum Törl hinab und machten nochmal Pause. Wie drei Goldregenpfeifer legten wir uns ins Gras und genossen das süße Nichtstun nach getanem Pseudoalpinsimus.

Da es erst Mittag war, beschlossen wir, noch nicht gleich abzusteigen, sondern erst noch die Zunterköpfe zu besteigen. Also ging es noch mal hinauf, dieses Mal zum Thaurer Zunterkopf. Andere Bergfreunde, die hier unterwegs waren, gingen diesen Anstieg in Turnschuhen an. Gut also, dass wir Pickel und Steigeisen im Gepäck hatten. Wir fühlten uns in etwa so deplaziert wie ein Baumpieper im Krummholz. Aber gut, muss halt.

Östliche Nordkette

Vom Zunterkopf blicken wir zurück

Der Thaurer Zunterkopf (1918m) hat einen großen Vorzug: eine Gipfelbank. Diese nutzten wir gleich mal für eine Pause. Schließlich war die letzte schon wieder über 100 Hm her und die ungewohnte Hitze setzte uns heute einigermaßen zu.

Nach kurzem Verschnaufen wanderten wir noch hinüber zum Haller Zunterkopf (1966m) und nutzten auch hier noch einmal die Gipfelbank. Anschließend flogen wir bergdohlenhaft über den steilen Pfad in der Südflanke talwärts.

So war es am Ende ein schöne Tour mit guten Freunden und doch auch eine halbe Verlegenheitstour. Und wahrscheinlich taugt nicht einmal Man vs Lawine für echten Heldengesang. Mehr als ein Goldammer-Triller wird nicht bleiben.

Thaurer Schloss

An der Thaurer Schlossruine wird gebaut.

Daten zur Tour

  • Drei Dutten (2216m) und Zunterköpfe
  • Schwierigkeit T5, I
  • 1700 Höhenmeter

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

5 Kommentare

Rebecca · 16. Juni 2019 um 4:37 pm

Interessant, wird da wohl noch jemand zum Orni? 🙂

    Hannes · 17. Juni 2019 um 4:49 pm

    Da sei das Schneehuhn vor! 😉

      Rebecca · 20. Juni 2019 um 1:43 pm

      … hä? Wie meinen?

        Hannes · 21. Juni 2019 um 1:47 am

        Ich meine, mit der Ornithologie wird das eher nichts mehr. Über das Niveau, Schneehuhn, Bartgeier und Buntspecht auseinander halten zu können, werde ich wohl nicht mehr wesentlich hinauskommen.

          Rebecca · 23. Juni 2019 um 9:07 am

          Achso 🙂 Naja, fleißig immer das sauschwere Fernglas mit in die Berge schleppen, dann wird das schon noch besser – kann ich aus eigener Erfahrung berichten 😉

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert