Skitour im Karwendel am 12.03.2022

Unanständig früh aufstehen, mit Ski am Buckel Radl fahren, lange durch steilen Wald zusteigen. Warum tut man sich das an? Einfach weil man als Karwendel-Liebhaber und Skitourenfreund eben doch irgendwann mal eine der klassischen Karwendel-Skitouren gehen muss – z.B. die durch’s Neunerkar.

Kurz nach 07:00 schwangen wir uns kurz vor der Grenze auf die Drahtesel und radelten durch Scharnitz. Zum Glück war es recht mild, denn Scharnitz kann im Winter ein ziemlicher Eisschrank sein. So aber ging es. Wir hatten heute einen straffen Zeitplan, da ich ab 17:30 Uhr elterlichen Pflichten nachkommen sollte.

Jochen und Andrej, mit denen ich unterwegs war, hatten ihre Ski expertenmäßig an den Rädern fest gemacht. Mir blieb hingegen nur der Rucksack, was auf Dauer schon auf’s Genick ging. Aber was tut man nicht alles.

Die steile Auffahrt richtung Karwendeltal war das perfekte Aufwärmprogramm. Achtung: Dieser Weg darf wegen eines Wildschongebietes erst ab 01.04. befahren werden. Wir wussten das nicht, der Förster hat uns später aber (sehr freundlich) darauf hingewiesen. Normalerweise steht wohl vorne auch ein Schild. Also bitte geht diese Tour nicht gleich nach!

Der steile Abschnitt des Forstweges war teils aper und teils vereist. Mit etwas Vorsicht kamen wir hier ganz gut vorwärts. Wo es schließlich auf ca. 1100m flacher wird, war der Weg durchgängig mit gefrorenem Schnee bedeckt. Das ließ sich nun recht entspannt fahren, bis wir schließlich die Räder zurückließen. Für mich war es nun das erste Mal, dass meine Oberschenkel schon beansprucht waren, als ich auf die Ski stieg. Dagegen hilft wohl nur eines: Fitter werden.

Auf Ski folgten wir noch ein Stück dem Karwendelbach, dann bogen wir nach rechts ab, um ins Neunerkar aufzusteigen. Gleich der erst Hang war geradezu unanständig steil. Es sah für mich erst gar nicht so aus, als könne man hier hoch, aber es gab eine brauchbare und sehr spitze Spur hinauf. Nach diesem Einstiegshindernis ging es moderater weiter durch den Bergwald. Immer steil, immer mit vielen Spitzkehren erfordert der Aufstieg schon etwas Technik und Kraft. Dazu bot der schmierige Schwimmschnee den Fellen keine optimale Haftung.

Schließlich kamen wir aus dem Wald und mussten einen weiteren steilen Hang in zahlreichen Spitzkehren aufwärts steigen, bevor wir endlich den Boden des ausgedehnten Neunerkars erreichten. Das war Arbeit gewesen bis hierher! Nun ging es moderater weiter durch die weiten Hänge dieses grandiosen Ski-Kares. Nach etwa 100 weiteren Höhenmetern ließ bei mir leider die Kondition nach. Wahrscheinlich auch, weil ich seit dem Aufstehen in der Früh nichts mehr gegessen hatte. So wurde der Rest des Aufstiegs bis zur Breitgrieskarscharte für mich sehr mühsam.

Irgendwann war aber auch das geschafft und wir konnten uns bei eisigem Wind „gemütlich“ zur Pause setzen. Also zumindest Andrej und ich. Denn Jochen ging noch weiter zur Marxenkarscharte. Eigentlich gehört zu dieser Skitour noch die Besteigung der Großen Seekarspitze dazu. Aber das wäre sich heute einfach nicht mehr ausgegangen. So toll diese Skitour ist, sie eignet sich eher schlecht für ein begrenztes Zeitbudget.

Die Abfahrt durchs Neunerkar ging besser als wir im Aufstieg gedacht hätten. Der Schnee war griffig und ging richtig gut. Man musste nur auf überfrorene und eingewehte Altspuren achten. Auch weiter unten im Wald war der Schnee sehr abfahrtsfreundlich. Steilheit und Enge steigerten den Anspruch jedoch erheblich. Trotzdem waren wir noch voll im Zeitplan, als wir am Radldepot ankamen.

Nach einer kurzen Schiebestrecke schwangen wir uns auf die Räder und fuhren los. Zunächst ging es gut, doch dann kamen wir an zunehmend sonnige Abschnitte. Hier war der Schnee weich geworden und Radlfahren unmöglich. So mussten wir also eine Stunde lang die Räder schieben. In Skischuhen. Mit Ski am Buckel. Das war dann der Moment, an dem ich mich gefragt habe, warum wir uns das eigentlich antun. Für die Antwort siehe oben.

Auch das ging vorbei und schließlich konnten wir den Rest des Weges locker nach Scharnitz abfahren. 16:20 Uhr waren wir dann zurück am Auto. Natürlich war ich dann am Ende doch zu spät zu Hause. Denn die Tour ist wirklich toll, aber nicht für ein begrenztes Zeitbudget geeignet.

Daten zur Tour

  • Breitgrieskarscharte (2388m) durch’s Neunerkar, mir Radl-Anfahrt ins Karwendeltal
  • SKT-Schwierigkeit AD
  • 1550 Höhenmeter
  • Wintersperre Karwendeltal bis 01.04.


Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

6 Kommentare

Mark · 21. März 2022 um 4:10 pm

Schade, dass sich zeitlich nur eine abgespeckte Variante ausgegangen ist. So sehr ich die Bilder genieße, so sehr freue ich mich das Rad nicht im Schnee mit Ski am Rücken schieben zu müssen.

    Hannes · 23. März 2022 um 1:35 pm

    Und irgendwann, wenn Du alt bist, wird es Dich reuen, diese Erfahrung nie gemacht zu haben…

    Na ja, vielleicht auch nicht. Ich kann verstehen, dass Du nicht scharf drauf bist. War ich auch nicht.

      Mark · 24. März 2022 um 7:27 pm

      Ich glaube auch so auf genug Absurditäten und Sinnlosigkeiten zu kommen. Habe ich dir schon einmal erzählt, wie ich an einem heißen Sommernachmittag einen Bagger bergauf überholt und abgehängt habe? XD

        Hannes · 25. März 2022 um 2:51 pm

        Nicht schlecht! 😀 Ich habe mal bergab zu Fuß einen Mountainbiker überholt… 😉

        Aber dass bei den vielen Touren, die Du gemacht hast, genug absurdes und sinnloses dabei ist, das glaube ich Dir sofort!

Ritter Wilhelm · 29. Juni 2022 um 9:16 am

Gern, mit toller Erinnerung gelesen. Diese Skitouren habe ich mit ein Paar tollen hochgebirgszug- Kollegen vom Mittenwald vor 52 Jahren gemacht. Es es eine erlebnisreiche Zeit.

    Hannes · 3. Juli 2022 um 4:00 pm

    Hallo Wilhelm, danke für Deinen Kommentar! Ich kann mir gut vorstellen, dass Ihr damals viel erlebt habt im Gebirge. Ausrüstung und Erschließung waren wahrscheinlich auch noch etwas anders als heute.

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