Bergtour im Kaisergebirge am 21.10.2022
Als ich nach einer geeigneten Tour für diesen föhnig-bedeckten Freitag suchte, erinnerte ich mich daran, bei Abenteuer Berge mal über den Tuxeck SO-Grat inkl. Überschreitung des Treffauer gelesen zu haben. Das klang nach einer lohnenden und nicht zu langen Tour. Und auch dass das schlechte Wetter ab Nachmittag aus Westen kommen sollte, sprach für eine Fahrt in den Kaiser.
09:20 Uhr startete ich am Parkplatz Jägerwirt oberhalb von Scheffau. Und merkte gleich, dass ich nicht in Topform war. Ob es an der Radlrunde vom Vortag lag? Oder am durch ein kränkelndes Kleinkind verursachten Schlafmangel? Oder an der unangenehm dampfigen Luft? Wahrscheinlich war es eine Kombination aus Allem. Da half wohl nur Zeit lassen und nicht zu schnell gehen.
Dabei war der Zustieg über die Riedlhütte einer, den ich gerne schneller hinter mich gebracht hätte. Die Forststraßenhatscherei fand ich recht eintönig und wenig inspirierend. Na ja, nach etwa 1,5h war der Teil auch vorbei und ich erreiche den aussichtsreichen Gruttenweg auf der Südseite von Tuxeck und Treffauer. Die gleichnamige Hütte hatte leider schon Saisonende. Daher bog ich vorher ab, folgte einem Pfad durch die Latschen und erreichte schließlich den markierten Steig, der von der Hütte zum SO-Grat des Tuxeck führt.
Während ich das geröllige Kar an dessen unterem Ende westwärts querte, kamen mir von weit oben zwei Bergsteiger entgegen. Sie rutschten das steile und offensichtlich unangenehm „mittelfeste“ Geröll ab, bis sie ebenfalls den Steig erreichten. Wie sich später herausstellte, hatten die Beiden den Grateinstieg zu weit nördlich gesucht und umkehren müssen. Davon unbeeindruckt überholten sie mich am Einstieg zur eigentlichen Kraxelei bald und entstiegen meinen Blicken.
An besagtem Einstieg quert der Steig einen Felsaufschwung (I-II) bevor er danach länger durch steile Grasschrofen weiter ansteigt. Anschließend führt der Steig südwestlich an den Felstürmen der Schutterfeldköpfe vorbei. Hier ließ ich es mir nicht nehmen, die markanteren dieser Türme ebenfalls zu besteigen und einige davon zu überschreiten. Das kostete natürlich Zeit, brachte mir dafür ein paar hübsche Kletterstellen (bis II+) an herrlich rauem, leider nicht immer ganz festem Fels ein.
Nachdem ich auch den höchsten der Schutterfeldköpfe (1992m) erstiegen hatte, hielt ich mich wieder an die Markierungen zum Tuxeck. Der SO-Grat steilt nun auf und bietet einige schöne (und auch schön ausgeputzte) Kletterstellen. Einziger Wermutstropfen war die kurze Stahlseilpassage an einer steilen Platte. Ich war nicht in der Lage, hier frei hochzusteigen, und hangelte stattdessen am Seil (C).
Bald ging es in die steile Rinne, die Schlüsselpassage der Tour. Ich war mittlerweile voll im Flow und hatte großen Spaß an der Kraxelei. Zwischendurch geht es mal links raus und über einige Stufen wieder zurück in die Rinne. Zum Ausstieg hin kam dann noch mal ein einzelner etwas steiler Kletterzug (III), dann stand ich in sehr unangenehm losem Schotter. Zum Glück kam nach mir niemand mehr hoch, denn einmal trat ich trotz aller Vorsicht doch einen Stein los, der sich natürlich durch die Aufstiegsrinne verabschiedete.
Am Sattel unter dem Gipfelaufbau kamen mir die beiden Tiroler entgegen, die sich nun an den Abstieg auf der Westseite machten. Ich hingegen stieg erst mal über die berüchtigte Steilstufe (trotz einiger Klammern ca. III) zum Gipfel des Tuxeck (2226m). Ich genoss kurz die — trotz der Wolkendecke schöne — Aussicht, dann stieg ich auch schon wieder ab. Schließlich wollte ich ja noch weiter zum Treffauer.
Der Übergang ist auch noch mal sehr schön. Aussichtsreich und mit ein paar netten Kraxelstellen (I) garniert. Am Treffauer — mit 2304m dritthöchster Gipfel im Kaiser — blies der Föhn unangenehm stark, so dass ich mich für die Gipfelpause auf der Nordseite an eine windgeschützte Stelle verzog. Die Aussicht war wirklich herrlich: Links vor mir der lange Kamm vom Zettenkaiser zum Sonneck, rechts die Ellmauer Halt, dahinter Vordere Karlspitze und Vordere Goinger Halt mit dem langen Grat über die Regalmwand bis zur Ackerlspitze im Hintergrund. Und im Süden lagen die Tauern ausgebreitet. Insbesondere die markante Pyramide des Großvenedigers stach hier hervor. Herrlich!
Als ich mich halb zwei zur Pause setzte, legte ich den Helm neben den Rucksack und zog dann die Daunenjacke aus selbiger. Und als ich sah, dass ich mit der Weste versehentlich auch die Brotzeitdose herauszog, ahnte ich schon das Unheil. Und tatsächlich: die Brotzeitdose fiel auf den Helm, der purzelte in Zeitlupe über zweite Graspolster und verschwand dann geräuschlos in der Tiefe. Tja, adiós helmano! Sehr ärgerlich, aber einsammeln gehen kam nicht so recht in Frage.
Nach der Pause stieg ich auf der Nordwestseite des Treffauer ab. Der aussichtsreiche Steig gefiel mir sehr gut, auch wenn das anhaltend anspruchsvolle Gelände meinen Abstieg ziemlich bremste. Dafür war es einfach schön hier: In den Südwänden von Kopfkraxen und Sonneck konnte ich jeweils eine Seilschaft beim Klettern beobachten. Und vor mir auf der Wiese ließ es sich ein Rudel Gämsen gut gehen.
Unterhalb des Schneekares kam ich schließlich schneller vorwärts und 16:10 Uhr erreichte ich wieder den Parkplatz. Etwas erschöpft und dehydriert, aber glücklich. Eine tolle Runde hatte ich da heute absolviert. Nur der Helmverlust trübte meine Stimmung ein wenig.
Daten zur Tour
- Tuxeck (2226m), SO-Grat inkl. Schutterfeldköpfen und Treffauer
- Schwierigkeit T5, III (eine Stelle, sonst bis II+), C (eine Stelle)
- 1600 Höhenmeter
- Treffauer erstbestiegen am 8.9.1853 durch E. & O. Schlagintweit mit M. Örger
- Tuxeck SO-Grat erstbegangen am 10.07.1904 durch E. Euringer und K. Leuchs
- Beschreibung & Topo SO-Grat auf bergsteigen.com
2 Kommentare
Rebecca · 29. Oktober 2022 um 9:27 am
Danke für die Erwähnung – freut mich, dass ich als Inspiration dienen konnte 🙂 Das mit dem Helm ist natürlich blöd… Aber ab und zu muss man die ja eh mal ersetzen; ich hoffe, er war nicht allzu neu.
Hannes · 29. Oktober 2022 um 5:26 pm
Hallo Rebecca,
die Inspiration ist Dir gelungen und das nicht zum ersten Mal. 🙂
Der Helm war definitiv zu neu, um ihn wegzuwerfen. Immerhin eine Gelegenheit die französische Outdoor-Industrie zu fördern…