Klettern im Ammergebirge am 08.09.2023

Manchmal dauert es ein wenig, bis ich eine anspruchsvolle Kletterstelle entschlüsselt habe. So auch vergangenen Freitag in der Geiselstein Südverschneidung. Doch lief der Rest der Tour flüssig durch und so hatten wir einen sehr schönen Klettertag im Ammergebirge.

Ich wollte unbedingt mal wieder richtig Klettern gehen. Also ohne Bergschuhe und Steigeisen, Nebel und Kälte. Sondern in Kletterschuhen und an schön warmem Kalk. Zum Glück konnte sich auch Michael den Freitag freinehmen, so dass wir zusammen loszogen. Unsere letzte gemeinsame Tour war schon länger her, um so schöner, dass es mal wieder klappte.

Als Ziel suchten wir uns die Südverschneidung am Geiselstein aus, einen sanierten Klassiker moderater Schwierigkeit und Länge. Um dorthin zu gelangen, schwangen wir uns 07:45 Uhr in Halblech (820m) auf die Räder und strampelten los. Die Radanfahrt führt wunderschön durchs Tal des Halblech und an den kleinen Stauseen entlang. Bald zeigte sich auch der Geiselstein, dieser erstaunlich markante Felsgipfel im sonst eher voralpinen Ammergebirge.

Gegen 09:00 Uhr stellten wir am Wankerfleck (1150m) die Räder ab und wechselten die Disziplin. Zu Fuß stiegen wir weiter zum Geiselsteinsattel. Der Weg zieht sich etwas, führt dafür an prächtigen Ahornbäumen vorbei und bietet zunehmend schöne Aussichten auf die umliegenden Berge und den Forggensee zu ihren Füßen.

Nach dem schattigen Aufstieg traten wir am Geiselsteinsattel in die Sonne, freuten uns des Lebens und inspizierten schon mal die Kletterroute, die wir von hier aus gut einsehen konnten. Anschließend stiegen wir ein paar Meter ab und wanderten hinüber zum Einstieg, wo wir Pause machten. Letzteres ist übrigens nur empfehlenswert, wenn in der Südwand niemand klettert, denn sonst ist der Einstiegsbereich ziemlich steinschlaggefährdet. Mittlerweile war es wechselnd bewölkt. Da es nicht nach Schauern aussah, war uns das ganz recht, denn so würde es nicht zu heiß werden in der Südwand.

Halb zwölf starteten wir dann in die Südverschneidung. Ich hatte darum gebeten, die erste Seillänge vorzusteigen und Michael hatte sie mir freundlicherweise überlassen. Nach einigen Schrofen (II) steilte es auf und ich musste einen kurzen Wandaufschwung hinauf (IV), bevor ich dann auch schon den Stand erreichte. Dass diese Länge nur mit einer Sanduhrschlinge und einem fixen Klemmgerät abgesichert ist, war nicht weiter schlimm, passt aber nicht recht zur Sanierung der restlichen Seillängen. Immerhin der Stand war solide gebohrt.

Michaels zweite Seillänge bestand lediglich aus steilen Grasschrofen (II), dann bezog er Stand unter der Schlüsselseillänge, einer plattigen Verschneidung. Und deren schwerste Stelle (V-/V) ist gleich am Einstieg. Über einen senkrechten Abbruch muss man die von einem Riss durchzogene Platte gewinnen. Und dabei tat ich mich schwer. Mit Ausspreizen erreichte ich die ersten Stufen, kam dann aber nicht an einem Felsblock vorbei, der aus der Verschneidung drängte. Zum Glück hatte Michael Geduld und ließ mich probieren. Dann endlich hatte ich den Schlüssel zur Stelle gefunden: An zwei abgespeckten Griffen aus der Verschneidung lehnen und im Riss aufwärts steigen. Auch nach der Schlüsselstelle blieb die Länge anspruchsvoll, wurde aber nach oben hin allmählich einfacher.

In Länge Nr. 4 führte Michael über eine Platte, ein kurzes Wandl und eine herrlich ausgesetzte Rampe hinauf (IV-). Danach durfte ich den zweiten Teil der Verschneidung klettern, der unten etwas kaminartig war und oben wieder plattig (IV). Sehr schön war diese fünfte Länge.

Auch Seillänge sechs gefiel mir gut, zumindest deren erster Teil, der wiederum sehr ausgesetzt über mehrere Aufschwünge links aufwärts zog (IV). Danach ging es über Schrofen (II) weiter zu einer Höhle. Die siebte Seillänge bestand dann nur noch aus dem Höhlenausstieg und einem kurzen Wandl (III+), sowie einigen Metern am Grat, bevor wir den Gipfelaufbau des Geiselsteins erreichten. Nach genau 3h standen wir hier. Dafür, dass ich an der Schlüsselstelle ewig herumgedoktert hatte, war das ordentlich.

Zufrieden setzten wir uns ans Kreuz, packten die Sachen zusammen und aßen unsere Mitbringsel. Schön war es hier oben. Wir schauten in die Runde der Gipfel. Gumpenkarspitze und Gabelschrofen hatte ich nach meinem letzten Besuch hier noch angehängt. Dahinter rahmten dann Krähe und Hochplatte die Szenerie ein. Schön, dieses Ammergebirge!

Schließlich wurde es Zeit zu gehen und vorsichtig stiegen wir den recht polierten Normalweg ab (II). Dann wanderten wir zurück zum Geiselsteinsattel und weiter zu den Rädern. Im Abstieg war es nun ziemlich dampfig und wir waren dankbar, nun einen guten Teil des weiteren Weges einfach rollen lassen zu können. Kurz nach 17:00 Uhr waren wir schließlich wieder in Halblech, sehr zufrieden nach einem schönen Klettertag.

Daten zur Tour

  • Geiselstein (1882m), Südwand „Südverschneidung“
  • Schwierigkeit V-/V (eine Stelle, meist IV), 7 SL, 260m
  • Standplätze und ab der dritten Seillänge auch Zwischenhaken gebohrt
  • 1150 Höhenmeter
  • Abstieg über Normalweg (II, kann auch abgeseilt werden)
  • Erstbegangen 1927 durch A. Deye & H. Jurich
  • Beschreibung und Topo bei bergsteigen.com

Hannes

Ursprünglich Flachländer bin ich als Jugendlicher zufällig zur Liebe zu den Bergen gekommen. Seitdem bin ich immer wieder im Gebirge und gelegentlich auch am Meer unterwegs. Da ich schon immer gern geschrieben habe, startete ich 2010 dieses Blog, um andere Reiselustige und Bergfreunde an meinen Erlebnissen teilhaben zu lassen.

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